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Sylt: Dieser Mann erinnert sich an eine wilde Vergangenheit auf der Insel – „Das waren heiße Zeiten“

Sylt: Dieser Mann erinnert sich an eine wilde Vergangenheit auf der Insel – „Das waren heiße Zeiten“

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Foto: IMAGO / localpic / privat

Ob Sylt, Büsum oder St. Peter Ording – in den Urlaubsorten an der Nordsee herrscht momentan noch gähnende Leere. Doch es besteht die Hoffnung, dass sich das bereits in einigen Wochen ändern könnte und bald wieder Urlauber an die Küste reisen dürfen (MOIN.DE berichtete).

Noch befinden sich Tourismus und Gastronomie auf Sylt und Co. jedoch im Winterschlaf. Auch Sönke Schröder, der die Nordseeküste beruflich in regelmäßigen Abständen abklappert, ist aktuell daheim in Kiel.

Sylt noch im Winterschlaf

Der 58-Jährige ist seit über 30 Jahren in der Gastronomie tätig. Er arbeitet im Außendienst für eine große Gewürzfirma. Heißt konkret: Der gebürtige Kieler betreut die Kunden vor Ort.

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Seine Kunden, das sind beispielsweise „Hotels, Gastronomen, Krankenhäuser und Kantinen“, zählt er auf. „Solche Betriebe, die im großen Stil kochen, ab circa 30 Essen.“ Sein Einsatzgebiet ist der nördliche Teil von Schleswig-Holstein, inklusive der Inseln.

Und dort ging es früher ganz schön wild zu! Vor rund 35 Jahren hat Sönke Schröder im Abstand von vier Wochen jeden Dienstagmorgen um acht Uhr eine Klinik auf Sylt angefahren und die dortige Kantine besucht.

Verhandlungen auf Sylt am Stammtisch

„Der Küchenchef und die Mannschaft hatten ein besonderes Ritual“, erzählt der 58-Jährige im Gespräch mit MOIN.DE. „Jeden Morgen gab es Tee – mit Likör versetzt“, erinnert er sich.

Nach diesem ersten Drink steuerte der Kieler noch ein paar weiter Kunden an. „Und abends ging es weiter“, lachte er. Gegen 17 Uhr habe man sich mit den Gastronomen der Insel zu Verhandlungsgesprächen am Stammtisch getroffen.

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„Heiße Zeiten“ auf Sylt

„Und dann habe ich erst einmal ein paar Runden ausgegeben“, sagt Sönke Schröder. Auch die Taxifahrten seiner Kunden habe er damals oft bezahlt. Das zählte zu den sogenannten „Vertrauensspesen“.

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Das ist Sylt:

  • Sylt ist die größte nordfriesische Insel und liegt in der Nordsee
  • Nach Rügen, Usedom und Fehmarn ist Sylt die viertgrößte Insel Deutschlands
  • Die Insel Sylt ist vor allem für ihre Kurorte Westerland, Kampen, Wenningstedt und den ca. 40 Kilometer langen Sandstrand im Westen bekannt
  • Zahlreiche Gebiete auf und um Sylt sind als Schutzgebiete ausgewiesen. Auf der Insel gibt es allein zehn Naturschutzgebiete
  • Der Tourismus ist seit über 100 Jahren auf Sylt von erheblicher Bedeutung, seit Westerland 1855 zum Seebad (Kurort) wurde
  • Im Sommer befinden sich täglich rund 150.000 Menschen auf der Insel
  • Zum Vergleich: Lediglich rund 18.000 Menschen leben auf Sylt
  • Die Insel erreicht man mit dem Auto vom Festland mit dem Sylt-Shuttle der DB und dem Autozug, dazu verkehren Nahverkehrszüge und Inter City Züge der DB.
  • Auch über den Flughafen Sylt ist die Insel per Linien- und Charterverbindungen zu erreichen

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Dass nach solchen Nächten das Aufstehen am nächsten Tag nicht immer leichtfiel, ist kaum verwunderlich. „Das waren heiße Zeiten damals“, so der Außendienstler.

Bei seinen Dienstreisen auf die Insel hat er auch die ein oder andere kuriose Begegnung gehabt. So saß er abends mit dem Betreiber eines Restaurants in dessen Lokal, als sich ein Gast beim Kellner beschwerte.

Gast auf Sylt kassiert klare Ansage

Der Mann hatte eine Scholle bestellt. Ein Fisch, der auf einer Seite eine dunkle Färbung aufweist. Der Gast nahm jedoch an, dass der Fisch angebrannt sei und stellte den Kellern zu rede.

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Da schaltete sich der Chef des Lokals ein – und reagierte eiskalt. „Tut mir leid, unser Toaster ist kaputt. Sie können den Laden jetzt verlassen“, gibt Sönke Schröder den Wortlaut des Inhabers wieder.

Ein andermal sollte er mit seinem Vorgesetzten die Marineschule in List besuchen. Zufälligerweise besaß sein Chef die Statur eines Generals und trug an dem Tag einen blauen Mantel und eine Kapitänsmütze.

Kuriose Verwechslung auf Sylt

„Die Soldaten am Eingang salutierten und winkten uns ohne Weiteres durch“, erinnert sich der Kieler. Als sich die Außendienstler dann mit dem Kantinenchef trafen, war dieser geschockt, dass die Besucher jeglicher Kontrolle entgangen waren.

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Da er seit Jahrzenten dieselben Kunden anfährt, ist der Umgang miteinander sehr familiär. Auch wenn sich die Zeiten inzwischen geändert haben. „Meine Touren sind heutzutage sehr durchgetaktet“, erklärt Sönke Schröder.

Zudem sei das Personal der Gastronomie kontinuierlich weniger geworden. Deshalb haben die Küchenchefs und Gastronomen heute weniger Zeit. „Heute reicht es oft nur für einen kurzen Schnack und einen Kaffee“, bedauert der 58-Jährige.

Sylt: „Mehr Wert auf Qualität“

Auch die Verhandlungen am Stammtisch gehören der Vergangenheit an. Parallel dazu hat sich der Markt verändert. Während früher in vielen Großküchen Convenience-Produkte im Vordergrund standen, sei die Nachfrage inzwischen deutlich zurückgegangen.

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„Inzwischen legen der Kunden wieder mehr Wert auf Qualität“, erzählt der Kieler. „Zertifikate und Auszeichnungen wie bio, halal oder vegan spielen eine große Rolle.“

Nicht nur auf Sylt steht Kontakt im Vordergrund

Was sich jedoch nicht geändert hat: „Noch immer steht bei den Kundenbesuchern der Kontakt im Vordergrund“, betont Sönke Schröder. Über den Auftrag spreche man meist nur wenige Minuten.

Die restliche Zeit des Termins verbringen der Außendienstler und seine Kunden mit persönlichen Gesprächen. Da schätzt der Kieler am meisten an seinem Beruf. „Wir sprechen mit den Menschen, die, die Produkte in den Kochtopf werfen.“

Menschen, die sowohl die Einheimischen als auch die Urlauber versorgen und damit eine wichtige Rolle im Tourismus einnehmen. Noch befinden sich viele von ihnen in Kurzarbeit. Für sie bleibt zu hoffen, dass sie die Lage bald wieder soweit entspannt, dass die der Betrieb langsam wieder hochgefahren werden kann.