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Hamburg: Paar freut sich über seine Corona-Impfung, doch diese Sache ließ die beiden fast verzweifeln – „Grottenschlecht“

Hamburg: Paar freut sich über seine Corona-Impfung, doch diese Sache ließ die beiden fast verzweifeln – „Grottenschlecht“

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Personen warten vor der Anmeldung zur Impfung im Hamburger Impfzentrum. Foto: picture alliance/dpa | Christian Charisius

Die meisten sind alleine gekommen. Masken dämpfen die Gespräche derjenigen, die zu zweit hier sind. Wie das Paar, das im hinteren Drittel der Schlange steht. Die beiden kommen aus Hamburg-Lokstedt, er ist 76 Jahre alt, sie 75. Beide arbeiten ehrenamtlich im medizinischen Bereich mit Corona-Risikopatienten und sind deshalb für die Corona-Impfung zugelassen. Diese erhalten sie heute im Impfzentrum in der Messehalle.

Ihre Namen möchten die beiden lieber nicht öffentlich nennen, sie sind aber bereit, sich während der Impfung begleiten zu lassen. Für das Impfzentrum in Hamburg ist der Dienstag ein großer Tag: Jetzt sind hier alle Bereiche in Betrieb, auch die in Halle A2. Die Stadt ist parat. Fehlt nur noch eines: ausreichend Impfstoff.

Hamburg: „Der Arm tat ein bisschen weh“

Für das Paar aus Hamburg ist es bereits die zweite Dosis. Vor drei Wochen wurden sie schon einmal gegen Corona geimpft. „Der Arm tat ein bisschen weh, aber das ist völlig normal bei einer Impfung, überhaupt nichts Kritisches“, sagt der Mann und seine Frau nickt zustimmend. Bei ihr dasselbe.

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Diese zweite Impfung sei gut und notwendig, sagt er. „Dann sind wir auf der sicheren Seite“, sagt sie. Die Impfstoffe in Hamburg kommen von Biontech/Pfizer und Astrazeneca.

Nur vereinzelt stehen jüngere Menschen in der Schlange. Zu den Impfberechtigten gehören derzeit über 80-Jährige sowie medizinisches Personal und Pflegeheimmitarbeiter. Mit dem Astrazeneca-Stoff werden zudem Rettungsdienst-Mitarbeiter, Ärzte bestimmter Fachgruppen sowie Zahnärzte geimpft; dieser Impfstoff ist nur für unter 65-Jährige zugelassen.

Obwohl die Schlange lang ist, geht es zügig voran. Nur ein paar Minuten sind vergangen, da kann das Paar schon um die Kurve in Richtung Anmeldeschalter gehen. Auf der letzten Etappe stehen Klappstühle. Ein älterer Mann setzt sich.

Das Paar aus Lokstedt lobt die Organisation des Zentrums: „Das funktioniert alles sehr gut hier.“ Was hingegen gar nicht gut funktioniere, sei die Terminvergabe.

Hamburg: „Die Terminvergabe ist grottenschlecht“

„Die Terminvergabe ist grottenschlecht“, sagt der Mann. „Oh ja!“, stimmt ihm seine Frau zu. Was die beiden durch die Masken nicht an Mimik ausdrücken können, übernehmen ihre Hände. Die Folien mit Blättern in ihren Händen wandern auf und ab und hin und her. „Man fliegt auf der Internetseite für die Anmeldung immer wieder raus“, sagt die Frau.

Termine für die erste Impfung würden so lange als verfügbar gelten, bis sie tatsächlich gebucht seien. „Es ist uns mehrmals passiert, dass wir unsere Daten eingegeben haben und der Termin in dieser Zeit an jemand anderen vergeben wurde. Gerade ältere Leute brauchen halt etwas länger, um solche Daten einzutippen.“

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Was jedes kleine Hotel schaffe – bei einer Online-Buchung das Zimmer für die Zeit der Buchung zu reservieren – sei bei der Vergabe der Impftermine nicht gegangen. „Das ist eine absolute Frechheit“, sagt der Mann. Mit ihrem Groll sind die beiden nicht allein. Mit Beginn der Impfungen hatte es deutschlandweit Kritik an der Terminvergabe gegeben.

Im Hamburger Impfzentrum berichten mehrere weitere „Impflinge“ (so nennen sie hier Personen, die geimpft werden) von Problemen bei der Terminvergabe. Für die Organisation des Impfzentrums hingegen haben auch sie nur Lob übrig.

Hamburg: Der ärztliche Leiter des Zentrums ist sehr zufrieden

Ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes winkt das Paar aus Lokstedt in Richtung der Anmeldeschalter weiter hinten. Die Decken in der Halle sind so hoch, dass die Menschen darin geradezu verloren wirken. Verloren wird hier aber ziemlich sicher niemand gehen, dafür ist alles zu gut organisiert.

Das Ehepaar ist dran. Die beiden gehen jeweils einzeln an einen der Anmeldeschalter, zeigen den Mitarbeiterinnen hinter der Plexiglasscheibe ihre Formulare und weisen sich aus. Weiter geht es ins Herzstück der Halle. Gänge und Räume, in denen erst die Aufklärungsgespräche stattfinden, dann die Impfungen.

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Das Aufklärungsgespräch führt das Paar getrennt und ohne Reporterin. Vor der Tür beantwortet derweil Dirk Heinrich, der ärztliche Leiter des Zentrums, einige Fragen. Er sei sehr zufrieden, wie das hier alles laufe. „Wir haben hier innerhalb kürzester Zeit ein Unternehmen mit 2000 Mitarbeitern aufgebaut.“

Angesprochen auf die Probleme bei der Terminvergabe sagt Heinrich: „Diese Schwierigkeiten sind mir bekannt. Aber da können wir nichts machen. Das fällt nicht in die Zuständigkeit unseres Impfzentrums.“ Das sei bundesweit organisiert.

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Rund 2.000 Impfungen pro Tag in Hamburg

Pro Tag werden in den Messehallen inzwischen rund 2.000 Personen geimpft, gestartet wurde im Januar mit 500 pro Tag. Möglich wären aber noch viel mehr. „Wir hätten im zwölf-Stunden-Betrieb Kapazitäten für 7.000 Impfungen pro Tag“, sagt Heinrich. Dafür fehle aber der Impfstoff. Bereits nächste Woche rechnet der ärztliche Leiter mit 2.500 Impfungen pro Tag, Tendenz weiter zunehmend.

Auf dem Papier ist der Betrieb des Impfzentrums bislang bis Ende Mai geplant. Dann sollen auch Hausärzte gegen das Coronavirus impfen. In den Messehallen wurden bereits mehr als 36.600 Menschen ein oder zwei Mal geimpft.

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Angesprochen auf Nebenwirkungen sagt Heinrich: Immer wieder gebe es mal eine erhöhte Temperatur am Tag danach, auch mal grippeähnliche Symptome. Aber das sei alles nicht schlimm und vergehe auch bald wieder. Da zeige der Impfstoff seine Wirkung.

Hamburg: Er krempelt den Ärmel hoch

Der 76-Jährige betrifft den Raum, in dem er gleich geimpft wird. Links an der Wand ein Waschbecken und eine kleine Arbeitsfläche, rechts eine Liege und ein Stuhl. Barbara Obiyaa Denkyi, Mitarbeiterin im Impfzentrum, bittet den Mann, sich zu setzen. Er krempelt den Ärmel seines Pullovers hoch. Denkyi fragt, ob der Ärmel noch weiter hochgehe, geht er nicht, also zieht der Mann den Pullover aus, rückt danach Brille und Maske wieder zurecht.

„Es wird jetzt kurz kalt vom Desinfektionsspray“, sagt Denkyi und sprüht das Mittel auf den linken Oberarm. „Lockerlassen“ muss sie zweimal sagen. Dann sticht sie zu. Und das war’s dann auch schon.

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Der Höhepunkt dieses zweiten Besuchs im Impfzentrum war kurz und wie der Mann sagt, schmerzlos. Er habe den Stich eigentlich gar nicht gespürt. Dann verlässt der Mann den Raum in Richtung Ruheraum. Auf der anderen Seite des Gangs kommt schon der nächste „Impfling“ ums Eck.

Denkyi bleibt noch kurz Zeit, um zu erzählen, dass sie pro Tag um die 50 bis 60 Leute impfe. Manche hätten Angst vor der Spritze. „Das kann ich sogar verstehen, obwohl ich Medizinische Fachangestellte bin. Ich mag Spritzen auch nicht gerade.“ Sie selbst erhielt vor zwei Wochen die erste Dosis. Nebenwirkungen? „Keine.“

Sie arbeite sehr gerne im Impfzentrum, sagt die 24-Jährige. „Die Stimmung ist total schön.“

Hamburg: „Es war ja nichts“

Im Ruheraum sitzt das Paar aus Lokstedt nebeneinander. 30 Minuten müssen Personen nach ihrer Impfung hier verbringen, falls es ihnen direkt im Anschluss nicht gut gehen sollte. Der Mann und die Frau sagen beide, es gehe ihnen gut. Sie haben je ein Tablet dabei und möchten die restliche Wartezeit zum Lesen nutzen.

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Schräg gegenüber sitzt ein Mann mit seiner Tochter. Er gehört mit 82 Jahren zu der Altersgruppe, die prioritär geimpft wird. Es war seine erste Impfung. Seine Tochter hat ihn begleitet. Auf die Frage, wie es ihm geht, antwortet der Mann: „Wie es mir geht? Gut natürlich. Es war ja nichts.“