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Nordsee: Was hier an den Strand gespült wurde, will keiner bei sich haben – wo kommt es bloß her?

Nordsee: Was hier an den Strand gespült wurde, will keiner bei sich haben – wo kommt es bloß her?

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Greenpeace an der Nordsee, hier bei der Probenahme am Strand in Sankt Peter-Ording Foto: Greenpeace

Vor einigen Wochen passierte es zum ersten Mal. Ende April kamen an mehreren Insel-Stränden der Nordsee wachsartige, weiße Klumpen an. Das Bundesverkehrsministerium teilte vorsichtshalber mit, dass es sich nur bei einem Teil davon um Paraffin handele – ein beliebter Stoff für die Industrie.

Zu finden ist er in Kerzen über Kosmetika bis Schuhcreme. Doch Paraffin ist gesundheitlich nicht unbedenklich und auch für die Umwelt problematisch. Und vor allem: Nun meldet die Umweltschutzorganisation Greenpeace auch noch von anderen Orten an der Nordsee Paraffin-Funde. Das wirft Fragen auf. Vor allem: Wo kommen die Brocken her?

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Nordsee: Parrafin-Funde am Strand – sind sie gefährlich?

Die Umweltschützer hatten nach eigenen Angaben zunächst Ende April bei Butjadingen in Niedersachsen Proben der wachsartigen Klumpen gesammelt. „Diese Proben haben wir ausgewertet und festgestellt, dass alle Paraffinwachse sind“, sagte die Umweltwissenschaftlerin von Greenpeace, Daniela Herrmann, der Deutschen Presse-Agentur. Diese zehn Proben seien nur wenige Tage nach ersten Anspülungen anderer wachsartiger Klumpen auf den Ostfriesischen Inseln genommen worden.

Bei weiteren Probensammlung Mitte Mai fand Greenpeace zudem auch wachsartige Klumpen entlang der Strände von Sankt Peter-Ording und Friedrichskoog in Schleswig-Holstein. Dort stellten sich nach einer Analyse mit einem Messgerät für Infrarotspektroskopie demnach 10 von 13 Fundstücke als Paraffinwachse heraus. Paraffinwachse sind zwar nicht als wassergefährdend eingestuft, durch ihre Anlandung verschmutzen sie aber Strände und das Vorland.

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Das ist Sankt Peter-Ording:

  • Der Küstenort Sankt Peter-Ording liegt im Südwesten der Halbinsel Eiderstedt in Schleswig-Holstein.
  • Sankt Peter-Ording ist in vier Ortsteile gegliedert: Böhl, Bad, Dorf (Süd) und Ording. Dort leben insgesamt 3.997 Menschen.
  • Nach den Übernachtungszahlen ist Sankt Peter-Ording in Schleswig-Holstein das führende Seebad auf dem Festland. 2019 zählte der Küstenort 1.617.211 touristische Übernachtungen.
  • Sankt Peter-Ording hat als einziges deutsches Seebad eine eigene Schwefelquelle und trägt daher die Bezeichnung „Nordseeheil- und Schwefelbad“.
  • Bekannt ist der Küstenort auch für seine Pfahlbauten am Strand.
  • Von 1994 bis 1997 wurde in Sankt Peter-Ording die ARD-Serie „Gegen den Wind“ produziert.

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Bundesamt mit anderer Einschätzung der Nordsee-Funde

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg kam in einer Analyse von den kurz zuvor auf den Ostfriesischen Inseln eingesammelten Proben zu einem anderen Schluss: „Die Proben von den Inseln Wangerooge, Langeoog und Norderney weisen keinerlei Charakteristika auf, die auf Paraffin oder andere bekannte Pflanzenöle hindeuten“, teilte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), auf eine Grünen-Anfrage vergangene Woche mit.

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Das ist die Nordsee:

  • die Nordsee ist ein Randmeer des Atlantischen Ozeans
  • die Nordsee ist ein wichtiger Handelsweg und dient als Weg Mittel- und Nordeuropas zu den Weltmärkten
  • die Fläche beträgt 570.000 Quadratkilometer
  • sie ist bis zu 700 Meter tief

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Lediglich zwei Proben mit Gewichten zwischen 150 und 200 Kilogramm seien als Paraffinwachs einzustufen gewesen – darunter eine Probe von Borkum.

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Greenpeace zeigte sich angesichts der Analyseergebnisse der eigenen Funde und der zeitlichen Nähe zu den Funden auf den Inseln von der Einschätzung der Behörden irritiert und forderte Aufklärung. „Es gilt jetzt die Fragen zu klären, um was für einen Stoff handelt es sich, wenn es kein Paraffin ist und wo kommt es dann tatsächlich her“, sagte Herrmann.

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Fall beschäftigt jetzt die Politik

Wenn bekannt sei, um welche Stoffe es gehe, könne auch die Herkunft besser bestimmt werden. Beispielsweise ließen sich so Containerverluste besser eingrenzen, sagte Herrmann. Paraffine könnten etwa aus Tankwaschungen von Tankern auf See stammen – oder aber von Paraffin-Platten aus über Bord gegangenen Containern.

Das niedersächsische Umweltministerium teilte auf Anfrage mit, nach den vorliegenden Ergebnissen des BSH liege es nahe, dass es sich bei den Ende April auf den Inseln angelandeten Stoffen überwiegend um Fett-Alkohole handelte, die nicht wassergefährdend seien. Woher diese stammen und wofür sie verwendet werden könnten, sei noch nicht geklärt, sagte ein Sprecher.

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Auf Antrag der Grünen im niedersächsischen Landtag soll sich der Umweltausschuss an diesem Montag (31. Mai) mit den Anspülungen beschäftigen – dann soll die Landesregierung Stellung nehmen. (jds/dpa)