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Kreuzfahrt in Hamburg: Aida-Manager geht auf die Hansestadt los – seine Anklage ist knallhart

Kreuzfahrt in Hamburg: Aida-Manager geht auf die Hansestadt los – seine Anklage ist knallhart

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© IMAGO / Panthermedia und IMAGO / Christian Kielmann

Hamburg, meine Perle: Warum die Stadt so einzigartig ist

Mit über 1,8 Mio. Einwohner ist Hamburg die zweitgrößte Stadt Deutschlands. Außerdem kommen rund sieben Mio. Touristen pro Jahr in die Hansestadt. Doch was macht die Stadt so beliebt und einzigartig?

Hier ist ordentlich was los: Der Senat in Hamburg bekommt derzeit scharfe Kritik von einem Kreuzfahrt-Manager zu spüren. Niemand Geringeres als Michael Thamm meldet sich zu Wort. Er ist eine Größe in seiner Branche und unter anderem für Marken wie Aida und Costa verantwortlich. Seit zehn Jahren ist er CEO von Konzernmarken der Carnival Cruises.

Der Manager zeigt sich enttäuscht von der Hansestadt und seinen Umgang mit dem Kreuzfahrt-Geschäft. Ihm schmeckt vor allem nicht, dass sich Hamburg vor Jahren noch als sehr kreuzfahrtaffin ausgab – er empfindet er die Entwicklungen als sehr negativ. Aber was ist das Problem?

Kreuzfahrt in Hamburg: Branchen-Kenner meldet sich zu Wort

Aida ist Marktführer im Kreuzfahrt-Business in Deutschland. Michael Thamm baute die Marke mit auf, war 8 Jahre lang selbst Präsident der Reederei. Seine Karriere im Carnival-Konzern zieht sich schon seit vielen Jahren durch verschiedene Verantwortungsbereiche. Derzeit schwimmen 25 Kreuzfahrtschiffe unter seiner Führung auf den Weltmeeren.

Im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“ geht er kritisch auf die derzeitige Lage ein. Besonders die Corona-Situation hat ihren negativen Beitrag geleistet. Wenig überraschend ist der Fakt, dass die Kreuzfahrtmarken es während der Pandemie nicht gerade leicht hatten. Der Konzern sei insgesamt knapp vier Monate lang nicht gefahren.

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„Danach war es interessant zu sehen, wie sich die einzelnen Regierungen verhalten haben. Da gab es Licht und Schatten“, sagt Thamm gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“. Mit dem Schatten stellt er auch primär Deutschland in den Fokus. „Hier hätte ich mir mehr Unterstützung gewünscht“, gibt er zu Wort und spricht dabei nicht von Geld. „Die Politik sollte sich durchaus etwas Zeit nehmen und mit uns erörtern, was ein Lockdown oder eine andere Restriktion für Konsequenzen hat.“

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Daten und Fakten zum Hafen Hamburg:

  • Der Hamburger Hafen ist ein offener Tidehafen an der Unterelbe der Freien und Hansestadt Hamburg (Eröffnung: 7. Mai 1189)
  • Der Hamburger Hafen ist der größte Seehafen in Deutschland und der drittgrößte in Europa (hinter Rotterdam und Antwerpen)
  • Gesamtfläche des Hamburg Hafen: 7.200 Hektar (ca. 10 Prozent der Fläche Hamburgs)
  • Gesamtumschlag im Jahr 2020: 126,3 Millionen Tonnen
  • 7.377 Schiffe liefen den Hafen 2020 an

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Harte Worte vom Kreuzfahrt-Manager an Hamburg

Thamm sagt: „Einen Hamburger Bürgermeister interessiert es nicht so sehr, ob eine Familie in Manila ihr Kind nicht zur Schule schicken kann, weil der Vater oder die Mutter bei uns kein Geld mehr verdient.“ Für ihn sei dieser Faktor dagegen wichtig, da er für viele Familien mitverantwortlich sei. „An uns hängen direkt und indirekt rund 150.000 Menschen.“

Hamburg ist ein Hafen, der von den Kussmundschiffen oft angefahren, auch als Start- und Endhafen genutzt wird. Dass sich die Costa auch in Zukunft auf die alternativen Häfen einlassen will, hat hauptsächlich den Grund, dass die Gäste der Kreuzfahrtunternehmen sehr international sind und für einige Routen mehrere Häfen für den Zustieg wichtig sind. Aber auch die Zusammenarbeit mit Hamburg spielt hier sicher eine nicht unwesentliche Rolle.

Zusammenarbeit im Thema Kreuzfahrt mit Hamburg

Der Manager findet deutliche Worte: „Hamburg hat zwar einen sehr eloquenten Hafenchef, aber der Hamburger Senat leistet in Sachen Kreuzfahrt keine gute Arbeit.“ Besser würde es mit den jeweiligen Landesregierungen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern laufen. Sie seien bisher viel aktiver gewesen und würden sich wirklich um die Kreuzfahrt kümmern.

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„Hamburg kann da noch eine Menge lernen. Wir kommen zwar gerne an die Elbe, aber von der Politik hier bin ich zurzeit enttäuscht“, sagt Michael Thamm. Alleine in 2018 hätte der Konzern rund 600 Millionen in die Wirtschaft der Hansestadt investiert. Das werde mittlerweile außer acht gelassen. „Im Senat hat offenbar niemand Interesse an uns und unserer Branche, mein letztes Gespräch ist lange her.“

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Die Deutschen lieben Kreuzfahrt-Urlaub:

  • Am beliebtesten sind Kreuzfahrten mit weitem Abstand bei US-Amerikanern, gefolgt von Chinesen – dann folgen die Deutschen
  • Über 30 Prozent der weltweiten Kreuzfahrtschiffe werden in der Karibik eingesetzt, damit ist sie vor dem Mittelmeer das beliebteste Fahrtgebiet
  • Die beliebtesten Fahrtgebiete unter den deutschen Kreuzfahrern sind Nordeuropa und das westliche Mittelmeer
  • Der Begriff hat seinen Ursprung in dem niederländischen Wort „kruiser“ aus dem 17. Jahrhundert, der ein kreuzendes (im Sinne von hin und her fahrend) Schiff bezeichnete
  • Dank des Kreuzfahrt-Booms der vergangenen Jahre ist Deutschland heute ein Werftenstandort von weltweitem Rang
  • In der öffentlichen Wahrnehmung werden aber immer auch die hohen Belastungen für Mensch und Umwelt durch Kreuzfahrtschiffe betrachtet

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Es könnte mehr Anläufe geben, wenn Bemühungen dahinter stehen würden. „Hamburg ist inzwischen der einzige große deutsche Kreuzfahrthafen, der keine Landstromversorgung am Hauptliegeplatz hat. Unsere Schiffe könnten das nutzen, aber in Steinwerder gibt es das bislang nicht“, heißt es von Thamm.

Auch in Sachen Klimaneutralität tut sich bei der Aida einiges. Methanol für Brennstoffzellen sehen die Kreuzfahrt-Experten mit den besten Chancen für die Zukunft. Klimaneutrales Biofuel würde der Kreuzfahrt-Riese sofort kaufen, wenn es mehr davon gäbe. Das erzählt Thamm dem „“. „Ich habe dem Bürgermeister und dem Wirtschaftssenator vorgeschlagen, dass wir Hamburg als Hub für klimaneutralen Biotreibstoff entwickeln wollen, als Laboratorium für CO-freie Treibstoffe. Allerdings habe ich dazu bislang von der Landesregierung keine Antwort erhalten.“

Möglicherweise tut sich nach den scharfen Worten des Managers bald wieder was im Thema Kreuzfahrt. Der Schritt nächste Schritt müsste hier offenbar von Hamburg kommen. Es scheinen viele Forderungen und Vorschläge noch offen im Raum zu stehen. (lfs)