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Boizenburg: Dieser junge Mann erhielt ein neues Organ – und wenig später eine schlechte Nachricht

Boizenburg: Dieser junge Mann erhielt ein neues Organ – und wenig später eine schlechte Nachricht

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Haakon Funk aus Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern nach seiner Organtransplantation – der zweiten. Foto: privat & imago images/Cavan Images (Montage MOIN.DE)

Haakon Funk aus Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern (MV) kam mit einem erblichen Herzfehler zur Welt. Eine seiner Herzklappen funktionierte nicht richtig. Die erste OP hatte er, da war er gerade mal ein Jahr alt. Er erhielt damals eine künstliche Herzklappe. Das war vor 20 Jahren. Alle drei Monate musste er seitdem zum Arzt, überprüfen, ob alles gut ist. Das war es die allermeiste Zeit auch.

Der gelernte Banker aus Boizenburg arbeitet heute als Personal-Sachbearbeiter. „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich auf irgendetwas verzichten muss.“ Er macht viel Sport, Fitnesstraining, schwimmen. Klar, sagt er, manche Sachen mache er nicht, zum Beispiel in einen Badesee springen. Wegen der Keime. „Aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich auf irgendetwas verzichten muss.“ Eines war von Anfang an klar: Haakon würde früher oder später eine neue Herzklappe brauchen.

Boizenburg: Alles war reibungslos verlaufen – bis der Keim kam

Weil er die mechanische Herzklappe als Baby eingesetzt bekam und seitdem gewachsen ist. Dieses Mal sollte es eine menschliche Herzklappe sein. Die Suche nach einem Spender begann.

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„Wir konnten das zum Glück alles gut planen. Wir wussten ja schon früh, dass ich eine neue Herzklappe brauche. Über ein Jahr stand ich auf der Warteliste, bis ein passendes Organ gefunden war. Weil es viel weniger Spender gibt als Menschen, die ein Organ brauchen.“

In Deutschland stehen nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) etwa 9.100 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere. 2020 gab es bundesweit 913 Organspenderinnen und -spender. Das entspricht 10,9 Spenderinnen und Spender je eine Million Einwohner.

Für Haakon Funk war es 2018 so weit. Er verbrachte einen Monat im Krankenhaus in Hannover und erhielt eine Herzklappe, die zuvor einem anderen Menschen gehört hatte. Organspenden laufen immer anonymisiert ab. „Ich würde auch gar nicht wissen wollen, von dem die Herzklappe kommt. Dass ich auf irgendeine Art ein Teil eines anderen Menschen in mir trage, ist nie ein Thema für mich. Ich kann nur sagen, dass ich sehr froh und dankbar bin, dass da jemand für eine Organspende bereit war.“

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Haakon hatte die OP 2018 gut überstanden, alles war reibungslos verlaufen. Bis der Keim kam. Er hatte sich in der neuen Klappe eingenistet, sie verseucht. Das stellten die Ärzte ein paar Monate nach der Transplantation fest. „Sie meinten, das könne jedem passieren, ich hatte einfach großes Pech“, sagt Haakon. Er hatte davon nichts bemerkt, ihm ging es blendend.

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„Wenn ich die Bilder nicht gesehen hätte, hätte ich das nicht geglaubt.“ Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen seiner Herzklappe zeigten ein eindeutiges Bild: „Als wäre alles leicht verkrustet gewesen. Es war klar, dass man mich nochmals aufschneiden muss. Das war schon nervig.“

Haakon aus Boizenburg kam wieder auf die Warteliste für eine Organspende

Wieder kam Haakon auf die Liste. Doch dieses Mal ging es schneller. Notfallstatus. Nach zweieinhalb Monaten hatten sie einen Spender gefunden. Was wäre passiert, wenn es länger gedauert hätte, ein Jahr wie beim ersten Mal? „Dann hätte ich wieder eine künstliche Herzklappe bekommen. Das wäre nicht ideal gewesen. Dann hätte ich in zehn Jahren wieder operiert werden müssen. Die Herzklappe, die ich jetzt habe, soll 40 Jahre halten, vielleicht auch für immer.“

Mit der neuen Herzklappe lebt Haakon jetzt seit gut anderthalb Jahren. „Sie funktioniert 1a.“ Keinerlei Probleme, keine Beschwerden. Die OP und weitere Wochen im Krankenhaus waren gerade überstanden im Januar 2020, da kam Corona. Was hat das mit ihm gemacht?

„Ich war vorsichtig und bin es. Aber ich lebe nicht in ständiger Angst. Ich habe schon zu viel Zeit meines Lebens im Krankenhaus verbracht, um das Leben jetzt nicht zu genießen.“ Insgesamt ein halbes Jahr war Haakon wegen der beiden Transplantationen im Krankenhaus. An seine Ausbildung hat er ein halbes Jahr dranhängen müssen. „Das war völlig in Ordnung für mich.“

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Das ist Boizenburg:

  • Boizenburg ist die westlichste Stadt Mecklenburgs und hat rund 10.000 Einwohner.
  • Die Stadt an der Elbe liegt am Dreiländereck mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
  • Mehr als 40 kleine Brücken überspannen den Wallgraben, der die ganze Altstadt umspannt.
  • Boizenburg hat eine lange Tradition in der Fliesenherstellung.

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Auch als kleiner Junge war er immer mal wieder für eine Woche im Krankenhaus. Meistens geht es für ihn nach Hannover. Er fühle sich dort sehr gut aufgehoben. Nur die Stimmung unter den Patienten sei deprimierend. „Die meisten sind über 50 und ziemlich hoffnungslos. Aber ich denke mir immer: Jetzt bin ich schon hier, wenn ich jetzt auch noch schlecht drauf bin, bringt das ja keinem was.“

Der junge Mann aus Boizenburg hat eine klare Meinung zum Thema Organspende

„Ich bringe das Thema jetzt nicht ständig auf. Aber wenn ich mal in einer Diskussion über Organspenden gerate, sage ich schon ganz klar meine Meinung.“ Haakons klare Meinung: „Warum sollten deine Organe nach deinem Tod unter der Erde verrotten, wenn du damit ein Leben retten kannst?“ In seinem engeren Umfeld habe er solche Gespräche aber eigentlich nie. Da seien alle aufgeklärt und würden nach ihrem Tod gerne Organspender sein.

„Das hat auch viel mit dem Alter zu tun. Die jüngeren Leute heute sind viel eher bereit, Organe zu spenden, als die ab 40. Da hat sich zum Glück was verändert.“

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Er fände es sinnvoll, wenn in Deutschland jeder, wie in anderen europäischen Ländern auch, automatisch Organspender wäre. Wer es nicht sein will, soll das angeben, wie beispielsweise in Spanien. Dort gilt die Widerspruchslösung. Gemäß BZgA kamen in Spanien im Jahr 2020 auf eine Million Einwohner 38,0 Organspenderinnen und -spender – mehr als dreimal so viele wie in Deutschland. Spanien ist in Europa regelmäßig Spitzenreiter bei Organspenden.

„Viele denken über das Thema einfach nicht nach, hätten aber grundsätzlich nichts dagegen“, sagt Haakon. Er ist selber auch Organspender. „Ich bin Asthmatiker, meine Lunge braucht niemand. Aber ich habe ja auch noch Nieren und eine Leber.“ Für ihn ist das eine Selbstverständlichkeit.

Infos zum Organspendeausweis findest du >>> hier.