Eine neue Recherche des „International Council of Animal Welfare“ (ICAW) hat erschreckende Praktiken enthüllt, die angeblich regelmäßig bei der Zucht von Garnelen angewendet werden. Auch zu deutschen Supermärkten besteht eine Verbindung. Aldi hat auf die Vorwürfe der Tierschützer bereits mit einer Stellungnahme reagiert.
Garnelen gelten als die meistgezüchteten Tiere der Welt. Allerdings gibt es erhebliche Missstände bei ihrer Züchtung. Die Recherche von ICAW hat enthüllt, dass den Muttertieren regelmäßig die Stielaugen abgeschnitten werden – dies soll die Fruchtbarkeit für die Eiablage erhöhen. ICAW verweist auf Videoaufnahmen von Garnelenzuchten in Indien, in denen diese sogenannte „Augenstiel-Ablation“ praktiziert wird.
ICAW erhebt schwere Vorwürfe: Tiere „ersticken teils jämmerlich“
Auch die Betäubung vor der Schlachtung durch Eiswasser ist oft unzureichend – und das, obwohl es mittlerweile deutlich sicherere Methoden gibt. So zeigen Aufnahmen von Züchtern aus Indonesien und Guatemala die Probleme, die durch diese Methode entstehen können. Jonas Becker, der bei ICAW für Tierschutzpolitik für wirbellose Tiere zuständig ist, erklärt gegenüber „FOCUS“: „Die Garnelen werden vor der Schlachtung häufig gar nicht oder nur unzureichend betäubt und müssen teils jämmerlich ersticken.“
Zwischen den Farmen, in denen diese Praktiken angewendet werden, und Supermärkten in Deutschland besteht offenbar eine Verbindung. Becker erklärt: „Viele deutsche Supermärkte verkaufen Garnelen aus Indien und Indonesien. Stichprobenartige Kontrollen auf kommerziellen Garnelenfarmen haben Hinweisspuren zu Produzenten ergeben, die diese Techniken anwenden.“ Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass Aldi-Garnelen von Farmen stammen, die solche Praktiken durchführen. Gegenüber „FOCUS“ berichtet Becker von einer „Hinweisspur“, die von einer Aldi-Eigenmarken-Charge zu einer indischen Zuchtanlage mit Augenstiel-Ablation führt.
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Aldi ergreift erste Maßnahmen
Aldi Nord hat mittlerweile auf die Recherche reagiert und ein Update in den „Richtlinien Fisch & Meeresfrüchte“ veröffentlicht. Dort erkennt Aldi an, dass die elektrische Betäubung die optimalste Methode ist, nennt jedoch kein verpflichtendes Umsetzungsdatum dafür. Auch ein Datum für das Verbot der Betäubung durch Eiswasser wurde nicht angegeben.
In einer Stellungnahme erklärt Aldi außerdem, dass die Augenstiel-Ablation eine Praxis ist, die bei Muttertieren während der Zucht angewendet wird. Der Discounter betont: „Diese Maßnahme betrifft ausschließlich die Zuchtpopulation und nicht die Tiere, welche direkt bei ALDI verkauft werden.“ Dennoch hat sich Aldi Nord „zu einer phasenweisen Abschaffung der Augenstiel-Ablation“ verpflichtet, um das Tierwohl von Garnelen zu fördern. Die Maßnahme soll bis 2029 für Weißfußgarnelen und bis 2031 für Riesengarnelen verpflichtend umgesetzt werden.
Es sind Maßnahmen, die ICAW noch lange nicht ausreichen. Becker fordert: „Neben einem Verbot des Augen-Abschneidens verlangen wir auch eine Garantie für effektive elektrische Betäubung bis 2030 – von Aldi und allen anderen deutschen Supermärkten.“ Viele andere deutsche Supermärkte, die von ICAW kritisiert wurden, haben bisher keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgegeben. Neben Aldi hat bisher nur Rewe eine öffentliche Antwort veröffentlicht.

