Tim Tramnitz hat einen großen Traum: die Formel 1! Und mit ihm fiebern zahlreiche deutsche Motorsport-Fans. Immerhin ist er eines von gerade mal zwei hoffnungsvollen deutschen Talenten in den Nachwuchsserien der Königsklasse.
Unterstützung erhält er auf seinem Weg von Red Bull, in deren Schmiede er fährt. Was er sich dort manchmal von Helmut Marko anhören muss, was seine nächsten Karriereschritte sind und weshalb auch ihm der Motorsport-Verdruss in Deutschland zu schaffen macht, hat er im Interview mit unserer Redaktion verraten.
Formel 1: So bereitet Red Bull Tramnitz vor
Redaktion: Hallo Tim! Du bist seit 2023 Teil der Red-Bull-Akademie. Der Fahrerverschleiß von Red Bull in der Formel 1 ist mittlerweile berüchtigt. So gesehen kann es eigentlich gar nicht mehr lange dauern, bis du an der Reihe bist, oder?
Tim Tramnitz: Klar, auf der einen Seite ist es so, dass sich mit vier Cockpits die Möglichkeiten schneller auftun können. Auf der anderen Seite muss ich meinen Job vernünftig machen, dann kommt diese Chance bestimmt irgendwann. Deshalb bin ich entspannt und gelassen und fokussiere mich auf mich selbst.
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In Sachen Ausbildung bist du ja an eine der besten Adressen geraten. Red Bull hat so viele Talente wie Max Verstappen oder Sebastian Vettel hervorgebracht. Wo liegt das Geheimnis der Nachwuchsausbildung?
Zum einen hat das mit der Erfahrung, die da drin steckt, zu tun. Zum anderen war Red Bull mit das erste Junior Team, das sich abgesehen von der finanziellen Förderung für die jungen Fahrer eingebracht hat. Egal, ob Kontakte, die Simulatorarbeit in Milton Keynes, die Fitnessseite oder das Mentale – in all diesen Punkten wird man sehr unterstützt und kann sich eben auch abseits der Strecke weiterentwickeln.

Helmut Marko schaut sich ganz genau an, was die Talente so treiben. Wie oft bist du mit ihm in Kontakt und welche Rolle spielt er in deiner Entwicklung?
Meistens haben wir an den Rennwochenenden Kontakt. Aber wir telefonieren auch zwischendurch, wenn es sich ergibt. Dabei gibt er mir immer Dinge mit, die ihm auffallen. Wer mich ebenfalls viel unterstützt und voranbringt, ist Guillaume Rocquelin, der Chef des Red Bull Junior Teams – sei es durch sein Feedback oder als Ansprechpartner.
Und wie gehen die beiden mit dir um? Muss man bei dir den harten Hund spielen?
Das ist eine gesunde Mischung. Wenn es mal nicht so funktioniert, muss man sich natürlich auch hartes Feedback anhören, auch von Dr. Marko. Bei mir ging es da in diesem Jahr überwiegend ums Qualifying. Das ist der größte Punkt, den ich verbessern muss. Mir hat das aber immer geholfen, wenn ich so einen kleinen „Wake up Call“ bekommen habe.
Hoffnung noch nicht geplatzt
Wie war das Feedback nach dem Wochenende in Silverstone, wo du keinen einzigen Punkt geholt hast?
Im Qualifying am Freitag hatte ich einen Schritt nach vorne gemacht, da war das Feedback entsprechend gut. Beim Rennen am Samstag hatten wir als Team grundsätzlich Probleme, weil wir nicht das ideale Setup hatten. Und zum Sonntag kann man nicht viel sagen, weil wir mit der Reifenstrategie daneben lagen. Aber da waren wir nicht die einzigen im Feld. Im Endeffekt haben wir zumindest von den Teams, die auf Slicks unterwegs waren, die Strategie am besten umgesetzt und sind vor ihnen angekommen.

Von außen betrachtet verläuft deine Formel-3-Saison mit Platz 2 in der Gesamtwertung trotzdem sehr gut. Teilst du diese Ansicht?
Von einer negativen Saison zu sprechen, wenn man auf P2 steht, ist natürlich Quatsch. Auf der anderen Seite ist es aber noch ein ziemlich langer Weg bis ganz nach oben. Wenn ich überlege, wie viele Sachen in dieser Saison schiefgelaufen sind, und wo wir in der Meisterschaft stehen, zeigt das, wie viel Potenzial da ist.
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Wie groß ist deine Hoffnung, den Titel noch zu holen?
Das ist auf jeden Fall das Ziel, auch wenn es gegen Rafael Camara und sein Team Trident nicht leicht wird. Die funktionieren zusammen sehr gut und werden auch weiterhin eine gute Performance abliefern. So wie es aussieht, hat auch Campos über die letzten Rennen nochmal Schritte nach vorne gemacht. Genauso passieren aber auch bei allen anderen Teams Fehler. Auch Camara hat sich in Silverstone mit den Reifen verpokert. Solche Fehler müssen wir an den letzten drei Wochenenden besser ausnutzen.
Tramnitz braucht Sponsoren-Gelder!
Und nach diesen Rennen? Was sind die nächsten Karriereschritte?
Noch ein Jahr Formel 3 zu fahren, würde für mich keinen Sinn ergeben. Mein Ziel ist es, in die Formel 2 aufzusteigen. Aber wir müssen natürlich sehen, wie wir das Budget für die Saison zusammenbekommen. Klar unterstützt uns Red Bull. Aber wir müssen auch einen eigenen Anteil einbringen. Da laufen derzeit Gespräche, damit es dann auch mit der Formel 2 klappt. Das ist mein Plan.
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Über was für eine Summe sprechen wir da?
Das ist eine Summe im sechsstelligen Bereich.
Erschwert es die Sponsorensuche, dass Formel 1 und Motorsport in Deutschland nicht mehr als so sexy gelten wie zu Zeiten mit Michael Schumacher oder Sebastian Vettel?
Definitiv! Das merkt man extrem. Zudem sind Unternehmen, die sich ein Sponsoring theoretisch vorstellen könnten, durch die wirtschaftliche Lage vorsichtiger und geben weniger Geld für Marketing aus. Das macht die Situation für uns als normale Familie nicht einfacher. Wir kämpfen jede Saison darum, Budget zusammenzubekommen. Zum Glück hat mein Vater damit sehr früh angefangen. Damals saß ich noch im Kart. Aus der Zeit sind Sponsoren teilweise immer noch dabei. Aber einfach ist es in der aktuellen Lage auf jeden Fall nicht.
Formel-1-Einstieg in den nächsten drei Jahren?
Wie viele Jahre gibst du dir mit Blick auf die Formel 1 im Nachwuchsbereich noch? Kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo du sagen würdest: ‚Okay, jetzt wird es doch schwierig, das noch zu schaffen?‘
Ich glaube, dass man grundsätzlich realistisch sein muss, wie es sich ergibt. Für gewöhnlich ist man zwei Jahre in einer Serie. Vor dem Hintergrund hätte ich dementsprechend zweieinhalb Jahre Zeit – ein halbes Jahr noch in Formel 3 und dann zwei Jahre in Formel 2 – um zu zeigen, dass ich bereit für den Schitt in die Formel 1 bin.
Und in drei Jahren sehen wir dich dann wahrscheinlich in der Formel 1?
Hoffentlich! Sonst würde ich es nicht versuchen.