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Hamburg: Bittere Wende nach transphober Brutalo-Attacke – „Hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen“

Eigentlich hatte Samia Stöcker gehofft, dass sie die brutalen Geschehnisse aus 2021 endlich hinter sich lassen kann. Doch jetzt die Wende!

Hamburg
© IMAGO / Jürgen Ritter; Enrico Dato

Gewahrsam? Festnahme? Was diese Polizei-Begriffe wirklich bedeuten

Spannende Infos findest du im Video.

Das Jahr 2023 lief für Samia Stöcker (36) nicht gut. Die Transfrau, die in Hamburg auch als Travestie-Künstlerin Sina Valentina bekannt ist, brachte einen nervenaufreibenden Gerichtsprozess als Nebenklägerin hinter sich. Außerdem hatte sie sehr mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, trennte sich nach einer schwierigen On-Off-Beziehung von ihrem Freund und erlitt einen epileptischen Anfall.

Vor Weihnachten bekam sie auch noch eine Mitteilung vom Landgericht. Der Prozess, den sie glaubte, überstanden zu haben, wird im Februar neu aufgerollt. Die Gegenseite geht in Revision.

Hamburg: Brutalo-Attacke auf dem Kiez

Rückblick: An einem Juli-Abend im Jahr 2021 schlenderte Samia Stöcker über den Kiez. An der Reeperbahn bekam sie sich verbal mit einer Gruppe junger Männer in die Wolle. Ein weiterer kam hinzu und schlug sie unvermittelt nieder. Sina blieb bewusstlos auf dem Boden liegen. Rettungswagen, Krankenhaus, Schädel-Hirn-Trauma, Hirnblutungen, Not-OP. Der Täter Fabio S. (23, Kickboxer) ist polizeibekannt. Er hatte bereits eine jugendgerichtliche Verurteilung wegen Körperverletzung.

MOIN.DE berichtete zuerst über den Fall. Viele Medien und Vertreter der LGBT-Bewegung begleiteten später ebenso den Prozess, bei dem das Jugendstrafrecht angewendet wurde, weil Fabio S. zur Tatzeit kurz vor der Volljährigkeit stand. Er wurde zu 4.500 Euro Schmerzensgeld verurteilt. Außerdem sollte er ein Anti-Aggressionstraining absolvieren. Doch das will er nicht akzeptieren. Er behauptet, aus Notwehr zugeschlagen zu haben.

Samia Stöcker erlitt in Folge des tätlichen Angriffs einen epileptischen Anfall und verletzte sich dabei. Foto: Privat

„Den Boden unter den Füßen weggerissen“

„Als das Schreiben kam, hat es mir erstmal den Boden unter den Füßen weggerissen“, sagt Samia Stöcker. „Ich frage mich, was ich eigentlich erreicht habe, als ich tagelang aussagen musste. Bei der Urteilsverkündung hatte die Richterin dem Täter doch erklärt, dass es keine Notwehrlage gegeben hat. Die Gruppe hatte mich transphob beleidigt. Daraufhin habe ich Respekt eingefordert. Deshalb wurde das Schmerzensgeld von ursprünglich 6.000 Euro um 1.500 Euro gekürzt. So nach dem Motto: Als Transfrau musst du dich lieber beleidigen lassen und weitergehen, anstatt dagegen aufzubegehren.“

„Ich hätte mir für den Täter eine Gefängnisstrafe gewünscht“, sagt Samia Stöcker weiter. „Damit er darüber nachdenkt, ob er wirklich nicht anders konnte, als mich bewusstlos zu schlagen. Denn er war ja an der Auseinandersetzung mit der Gruppe gar nicht beteiligt und hat sich einfach eingemischt. Das soll Notwehr sein? Dass er durch die Revision überhaupt die Chance bekommt, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, finde ich unglaublich.“


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Unter diesem Angriff hat Samia Stöcker noch immer sehr zu leiden. Mental und körperlich. „Am ersten Weihnachtstag bin ich zu Hause plötzlich umgekippt und habe mich dabei verletzt“, erzählt sie. „Im Krankenhaus wurde festgestellt, dass es ein epileptischer Anfall war. Das hatten die Ärzte mir damals nach dem Übergriff schon gesagt, dass so etwas durch das schwere Hirntrauma passieren kann. Ich hoffe inständig, dass das Revisionsverfahren nicht zu Gunsten dieses Schlägers ausgeht.“