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Hamburg: Ehemaliger SS-Wachmann steht vor Gericht – und macht absurde Aussagen: „Lügt er uns an?“

Hamburg: Ehemaliger SS-Wachmann steht vor Gericht – und macht absurde Aussagen: „Lügt er uns an?“

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Hamburg: Der 93 Jahre alte ehemalige SS-Wachmann im Konzentrationslager Stutthof, Bruno Dey (r.), sitzt neben seinem Anwalt Stefan Waterkamp. Foto: dpa

Hamburg. 

Im Prozess in Hamburg gegen den früheren Wachmann im KZ Stutthof, Bruno Dey, sind die Aussagen des Angeklagten zu seinen letzten Stunden im Dienst der SS auf Unglauben gestoßen und haben für eine verwunderte Richterin gesorgt.

Ein Historiker der KZ-Gedenkstätte Neuengamme in Hamburg schilderte am Dienstag die Ereignisse bei Kriegsende in Neustadt/Holstein.

Hamburg: Angeblich keiner erschossen

SS-Männer hatten damals hunderte Gefangene aus dem Lager Stutthof bei Danzig auf Binnenschiffen über die Ostsee gebracht.

Bei der Ankunft hatten Häftlinge zu fliehen versucht. SS-Männer und örtliche Gendarmerie erschossen oder erschlugen zahlreiche von ihnen am Strand, nach späteren Angaben der Lübecker Staatsanwaltschaft bis zu 256.

Der 93 Jahre alte Angeklagte sagte zu dem, was er dort selbst erlebte: „Da ist keiner erschossen worden.“

Richterin wundert sich

Angesichts der vielen Toten an jenem 3. Mai 1945 wunderte sich die vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring über diese Aussage. Sie fragte den Gerontopsychiater Bernd Meißnest: „Lügt er uns an?“

+++ Hamburg: Diese Unternehmen waren mal groß – und dann plötzlich weg +++

Der Sachverständige gab darauf keine eindeutige Antwort. Er bestätigte, dass der Angeklagte nicht an Demenz leide und sich sowohl an weit als auch an kurz zurückliegende Begebenheiten erinnern könne.

Auf Nachfragen der Richterin und des Staatsanwalts sagte Meißnest über den Angeklagten: „Er hat die gleichen Möglichkeiten wie wir alle: Er kann uns Dinge sagen und er kann uns Dinge verschweigen.“

Tote auf Lkw geladen

Der Angeklagte berichtete, sein Trupp habe am Vormittag des 3. Mai 1945 den Befehl bekommen, Gefangene vom Strand zum Hafen zu bringen.

Auf dem gut zwei Kilometer langen Weg habe er keine Leichen gesehen. „Da lag nichts“, sagte er.

Gegen Mittag sei er erneut zum Strand bei Pelzerhaken geschickt worden, um mit anderen SS-Männern Leichen einzusammeln.

Sechs oder sieben Tote hätten sie auf einen Lastwagen gelegt, dann sei der Lkw weggefahren. Auf dem Rückweg zur Stadt hätten sie erfahren, dass die Briten bereits dort seien.

„Hätte das schon längst gesagt“

Offiziere hätten sie aufgefordert, nach Hause zu gehen. Ob er wirklich nichts von Erschießungen mitbekommen habe, wollte Meier-Göring wissen. „Wenn ich das gesehen hätte, hätte ich das schon längst gesagt“, antwortete der Angeklagte.

Nach Angaben des Historikers Reimer Möller wurden in Neustadt am Cap-Arcona-Ehrenmal rund 400 KZ-Häftlinge beigesetzt.

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Sie seien von SS-Leuten am Strand erschossen worden oder bei der Cap-Arcona-Katastrophe umgekommen.

Häftlinge aus Neuengamme starben

Die britische Luftwaffe hatte das gleichnamige Schiff und ein weiteres an jenem Tag bombardiert.

Die Briten gingen nach Angaben von Möller von deutschen Truppentransporten aus, tatsächlich waren Tausende Häftlinge aus dem KZ Neuengamme an Bord, von denen die meisten bei dem Angriff starben. (dpa)