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Hamburg: Stau, Frust, Baustellen! Anjes Tjarks macht klare Ansage an Autofahrer – „Für unsere Freiheit“

Hamburg: Stau, Frust, Baustellen! Anjes Tjarks macht klare Ansage an Autofahrer – „Für unsere Freiheit“

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© rtn-radio tele nord

Hamburg, meine Perle: Warum die Stadt so einzigartig ist

Mit über 1,8 Mio. Einwohner ist Hamburg die zweitgrößte Stadt Deutschlands. Außerdem kommen rund sieben Mio. Touristen pro Jahr in die Hansestadt. Doch was macht die Stadt so beliebt und einzigartig?

Er ist weit gekommen – und schiebt die Verkehrswende in Hamburg unermüdlich an: Anjes Tjarks (Grüne), Verkehrssenator der Hansestadt.

Im Gespräch mit MOIN.DE verriet er, was wütenden Autofahrern im Stau helfen soll, was er der CDU in Hamburg voraus hat, und warum das 9-Euro-Ticket auch für die Sicherheit in Europa relevant ist.

MOIN.DE: Herr Tjarks, wann sind Sie das letzte Mal mit dem Auto durch Hamburg gefahren?

Anjes Tjarks: Ist schon ein bisschen her auf jeden Fall.

Sie schieben ja auch einiges an, um ohne Auto voranzukommen. Wie ist der Stand?

Der Stand ist, dass wir in den letzten beiden Jahren im Schnitt 59 Kilometer Radwege in Hamburg gebaut oder saniert haben – und damit rund 70 Prozent mehr als in den Jahren 2015 bis 2019 insgesamt . Das ist eine wirklich gute Leistung. Es ist so, dass wir die Radwege auch qualitativ erweitern wollen. Dazu wollen wir Radwege bauen, auf denen sich alle Menschen wohlfühlen. Wege, die breit sind, und getrennt sind vom Autoverkehr. Das ist etwas, dass wir gelernt haben: Dass sich Menschen das wünschen. Und zwar: Autofahrer wie Radfahrer.

Trotzdem ist es so, dass zum Jahresbeginn 2022 deutlich mehr PKW in Hamburg angemeldet wurden – und Menschen stehen im Stau. Was sagen Sie denen?

Wir tun auch viel für Autofahrer. Wir haben 2021 225 Kilometer Straßen saniert. Das ist fast doppelt so viel wie in den Jahren davor. Dazu haben wir in Hamburg über 250 grüne Wellen, die wir tatsächlich einsetzen, um den Verkehr am Laufen zu halten. Ich kann jeden verstehen, der sagt: Ich möchte nicht im Stau stehen. Trotz einer wirklich schwierigen geographischen Lage, die Hamburg durch seine Elb-Querungen hat, ist das Stauaufkommen statistisch gesehen aber deutlich geringer als in anderen Millionenstädten wie Berlin oder München. Im Vergleich können wir also sagen, dass es noch relativ gut läuft. Und wir gleichzeitig unsere Infrastruktur wie Straßen und Leitungen fit für die Zukunft machen.

Zum zweiten Thema: Je mehr Menschen wir davon überzeugen, mit Bus Bahn und Fahrrad zu fahren, anstatt mit dem Auto, desto mehr profitieren auch die Menschen, die noch Autofahren müssen. Nämlich davon, dass die Straßen freier werden.

Hamburg geht bei der autofreien Stadt dennoch zögerlich voran, zum Beispiel beim Projekt „Autoarmes Ottensen“. Sind die Interessen der Autofahrer doch zu groß?

Völlig klar ist, dass das Projekt eine überwältigende Mehrheit hat, es gibt eine intensive Bürgerbeteiligung, über 80 Prozent wünschen sich eine Verstetigung. Aus meiner Sicht wird das Bezirksamt auch in diesem Jahr noch Maßnahmen unternehmen, um Ottensen in den nächsten Jahren entsprechend autoarm zu gestalten.

Nicht nur in Ottensen scheinen sich die Fronten zwischen Fußgängern und Autofahrern verhärtet zu haben.

Hamburg ist eine große Stadt, gleichzeitig ist die Verkehrsfläche begrenzt. Wir können die gebaute Fläche nicht mehr verändern. Der Einzelne muss weniger Platz einnehmen – und das bedeutet, man muss vom Auto umsteigen auf Bus, Bahn und Fahrrad. Davon profitieren übrigens auch diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind. Deswegen ist die Mobilitätswende eine win-win Situation.

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Daten und Fakten über Hamburg:

  • Hamburg ist als Stadtstaat ein Land der Bundesrepublik Deutschland.
  • Hamburg ist mit rund 1,9 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Deutschlands und die drittgrößte im deutschen Sprachraum.
  • Das Stadtgebiet ist in sieben Bezirke und 104 Stadtteile gegliedert, darunter mit dem Stadtteil Neuwerk eine in der Nordsee gelegene Inselgruppe.
  • Der Hamburger Hafen zählt zu den größten Umschlaghäfen weltweit.
  • Die Speicherstadt und das benachbarte Kontorhausviertel sind seit 2015 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes
  • International bekannt sind auch das Vergnügungsviertel St. Pauli mit der Reeperbahn sowie das 2017 eröffnete Konzerthaus Elbphilharmonie.

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Wird der HVV das 9-Euro-Ticket auch nach Auslaufen im August weiterführen?

Europa befindet sich im Umbruch. Es geht darum, dass wird dringend Öl und Gas sparen müssen. Und viele Menschen merken, dass diese Einsparungen nicht nur für das Klima wichtig sind, sondern auch für unsere Sicherheitslage und unsere Freiheit. Das ist die Aufgabe des 9- Euro-Tickets. Wir werden den ÖPNV aber nicht dauerhaft für neun Euro im Monat anbieten können – es sei denn, wir würden maßgeblich die Subventionen für das Automobil streichen und sie in den ÖPNV stecken. Aber das ist momentan politisch auf Bundesebene nicht die Beschlusslage. Ich denke aber, dass es eine entsprechende Antwort auf die Frage wie es weitergehen kann, nach den Sommerferien geben wird.

Sie könnten zum Beispiel Monatskarten günstiger machen.

Die Frage ist doch: Was bringen Kostensenkungen für Tickets eigentlich? Das gucken wir uns genau an. Und abgesehen davon haben wir in Hamburg ohnehin bestimmte Ticket-Kategorien, die günstiger sind – etwa das 1-Euro-Ticket für Schüler und Azubis oder Seniorentickets oder auch Tickets mit Sozialrabatt. Wir tun eine ganze Menge, obwohl uns die Kosten davonlaufen, siehe Inflation und die pandemiebedingten Ausfälle der vergangenen Jahre.

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Stichwort explodierende Kosten: Das Fahrradparkhaus an der Kellinghusenstraße hat drei Millionen Euro verschlungen und steht seitdem so gut wie leer. Wie schauen Sie heute auf das Projekt?

Unser Konzept sieht ja vor, dass wir bis 2030 40.000 Stellplätze aufstellen, an allen Hamburger S- und U-Bahnstationen mit hoher Fluktuation. Das Gesamtkonzept ist extrem erfolgreich: rund 80 Prozent aller Stellplätze sind ausgelastet Und es ist, wenn ich das einmal sagen darf, extrem kostengünstig, im Vergleich zu Autostellplätzen. Trotzdem würde ich mir natürlich eine noch intensivere Nutzung wünschen. Bessere Beschilderungen und vielleicht andere Bedingungen für die Anfahrt sind gerade in Prüfung.

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In Hamburg werden Sie immer wieder heftig von der CDU angegangen. Wie geht es hier weiter?

Der CDU fehlt die verkehrspolitische Aufstellung einer modernen Großstadtpartei. Wie bereits erwähnt, haben wir in den vergangenen Jahren Straßen saniert und in die Infrastruktur investiert. Jetzt kann sich die CDU hinstellen, und die ganze Zeit sagen, sie findet das nicht richtig, weil daraus Baustellen entstehen. Oder sie kann überlegen, ob es nicht eigentlich auch in ihrem Interesse wäre, dass es moderne, nachhaltig gepflegte sowie sichere Straßenräume und eine Infrastruktur gibt, die fit für die Verkehre der Zukunft ist.