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Reeperbahn: Der Kiez stirbt – das ganze Drama wird bei einem Protest am Donnerstagabend mehr als deutlich

Reeperbahn: Der Kiez stirbt
– das ganze Drama wird bei einem Protest am Donnerstagabend mehr als deutlich

Hamburg Coronavirus
Coronavirus in Hamburg: Momentan herrscht gähnende Leere auf dem Kiez. Foto: imago images/Andre Lenthe

Hamburg. 

Dass mal eine Zeit kommt, in der die Reeperbahn monatelang still steht und in ihrer bisherigen Form zu sterben droht, dass hätte wohl nie jemand gedacht. Aber sie ist gekommen, diese Zeit. Und sie ist dramatisch. Denn für Clubs, Kneipen und Kellner ändern auch die neuen Lockerungen nicht all zu viel.

Die Reeperbahn lebt von feiernden Menschen, von Tourismus aus dem Ausland, von Einheimischen, die ihre Lieblingskneipen bevölkern. Ohne all das ist die Reeperbahn nur eine gewöhnliche Straße. Ohne all das drohen massenweise Menschen ihren Job und ihre Existenz zu verlieren. Aber auch die neuen Lockerungen werden das nicht zurückbringen.

Reeperbahn: Trauerkranz wird niedergelegt

Um ein Zeichen zu setzen, versammelten sich am Donnerstagabend Kiezianer wie Olivia Jones am Spielbudenplatz. Massenweise Pressevertreter waren gekommen, ein Livestream bei Facebook geschaltet.

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Hochdramatisch wirkte es, als Olivia Jones in völliger Stille den Trauerkranz auf dem Beatles-Platz niederlegt. Um sie herum stehen Besitzer von Bars oder Kultureinrichtungen. Blitzlicht von den Fotografen flackert. Kurz zuvor schalteten Bars und Clubs im Hintergrund ihre Lichter an und spielten Musik auf die leere Große Freiheit.

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Der Trauerkranz ist ein Symbol. Noch ist der Kiez nicht tot. Aber hört man die warnenden Stimmen der Menschen, die dort arbeiten, ist er auf dem besten Wege, ein Stück zu sterben. Denn viele werden die Coronakrise wegen fehlender Einnahmen möglicherweise nicht überleben.

Ein alteingessesener und gut vernetzter Kneipenbetreiber spricht vor Ort von mindestens 30 Prozent, von denen er glaube, dass sie nicht wieder aufmachen.

Zerbrochene Scherben liegen auf dem Boden

Das ganze sei ein Hilferuf, sagt Jones in ein Mikrofon. Viele Gastronomen stünden vor den Scherben ihrer Existenz. Auch dafür gibt es ein Symbol: Auf dem Spielbudenplatz liegt eine zerbrochene Scherbenkugel.

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„Wir sind die Ersten, die schließen mussten – und die letzten, die wieder öffnen können“, sagt Jones. Udo Lindenberg kann zwar sein Museum Panik City wiedereröffnen, auch das Sankt Pauli Museum will wieder öffnen. Ohne Touristen wird es für sie allerdings schwer.

Und die Gastronomie? Die kann teilweise wieder aufmachen. Unter Auflagen. Ob das die Rettung sein kann, wird sich zeigen. Der Kiez ist in der Regel kein Ort, denn man extra wegen seiner kulinarischen Highlights aufsucht.

Clubs, Bars und Kneipen trifft es am härtesten

Das größte Problem haben Clubs, Kneipen und Bars. Nicht nur auf der Reeperbahn, sondern überall. Sie bleiben weiter dicht. Und über sie würde laut Jones überhaupt nicht gesprochen.

Das stimmt nicht so ganz: Vor wenigen Tagen stellte Bürgermeister Peter Tschentscher in einer Pressekonferenz durchaus heraus, dass man Clubs beziehungsweise Musikveranstaltungen eine Perspektive geben müsse. Und dass diese oft vergessen würden.

Wie konkret die Zukunft aussieht, wie das Sterben verhindert werden kann, ist aber noch unklar. Deswegen wurde auf der Reeperbahn ein Zeichen gesetzt.

Kurzarbeitergeld reicht nicht

Viele auf dem Kiez arbeitende Menschen sitzen mit 60 Prozent Kurzarbeitergeld eines eh schon mickrigen Gehaltes zu Hause. Ihnen fehlen die Einnahmen durch Trinkgeld.

Es bleiben wohl nur Hilfen aus der Politik, oder Selbsthilfeaktionen wie die mancher Clubs, die ihre Fans um Spenden bitten.

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Der Kiez aber, das scheint schon jetzt sicher, wird in seiner bisherigen Form nicht wieder eines Tages zum Leben erwachen. (rg)