Wenn man an die Ostsee denkt, denkt man an ein idyllisches Leben zwischen Dünen, Wellenrauschen und Reetdach-Romantik. Doch wer sich in Mecklenburg-Vorpommern in Sicherheit wiegt, könnte böse überrascht werden.
Denn mitten in der Reform-Euphorie an der Ostsee rund ums neue Krankenhausgesetz kracht es gewaltig im Gesundheitswesen des Landes. Wer hier krank wird, braucht mittlerweile vor allem eines: Glück.
Krankenhaus-Krise an der Ostsee: In MV platzt der Traum vom Küstenglück
Die Landesregierung hat ihren Entwurf für das neue Landeskrankenhausgesetz auf den Tisch gelegt, doch das erntet seitens der Experten ordentlich Kritik. Uwe Borchmann, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft MV, sieht den Entwurf als alarmierend an. Mehrere Punkte im Entwurf könnten für kleinere Kliniken sogar „existenzbedrohend“ sein. Neue Vorgaben wie zusätzliche Stationsapotheker oder Krisenplaner klingen gut, verursachen aber Kosten, die viele Häuser schlichtweg nicht stemmen können. Statt Versorgungssicherheit drohen Kahlschlag und Klinik-Sterben an der Ostsee.
Und auch aus der Wissenschaft kommen klare Worte. Gesundheitsökonom Prof. Dr. Steffen Fleßa sieht die strukturellen Probleme kleiner Häuser deutlich, sie hätten höhere Kosten und kaum eine Chance auf dauerhaftes Überleben, wenn sich an der Finanzierung nichts ändert. Zwar sei der Entwurf ein Fortschritt, doch Fleßa mahnt gegenüber MOIN.DE: „Trotzdem bleibt natürlich die Gefahr, dass Krankenhäuser, die eigentlich notwendig sind, nicht überleben können.“ Doch was bedeutet das für die Menschen im Land, für junge Familien, die sich bewusst für MV entscheiden, für Rentner, die ihren Lebensabend an der Ostsee verbringen wollen?
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Ostsee: Das droht MV mit dem neuen Krankenhausgesetz
Borchmann fasst das zusammen: „Eine gute Krankenhausversorgung ist für die Wahl des Lebensmittelpunktes von nicht unerheblicher Bedeutung.“ Und wenn Notaufnahmen weiter ausgedünnt werden, könnten viele das Ostsee-Idyll künftig meiden. Auch die Ärztekammer MV schlägt in dieselbe Kerbe.
In einem Statement gegenüber MOIN.DE betont Dr. Fabian Holbe im Namen des Vorstandes, dass man zwar das Ziel der Reform unterstützt, aber auch Risiken sieht: „Die geplanten strukturellen Veränderungen dürfen nicht zu Lasten der ärztlichen Weiterbildung und damit der Versorgungssicherheit von morgen gehen.“ Denn gerade kleinere Krankenhäuser seien wichtige Bildungsorte.
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Wenn diese unter Druck geraten, drohen nicht nur Versorgungslücken, sondern auch ein massiver Nachwuchsmangel in den Kliniken und Praxen des Landes. Ein Teufelskreis, der vor allem die ländlichen Regionen treffen könnte.
Zentrale Versorgung und Spezialisierung klingt im Entwurf der Landesregierung zwar gut, doch ohne verlässliche Transportketten, funktionierende Notaufnahmen und abgestimmte Kommunikation könnte das für ältere Menschen oder Zuzügler zum echten Risiko werden, warnt die Ärztekammer. Man bringe sich deshalb aktiv in die Gespräche mit der Politik ein und fordert, dass das Gesetz dringend weiterentwickelt wird.