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Sylt: Tierärztin „am Limit“ – die Zustände auf der Insel sind kaum auszuhalten

Eine Sylter Tierärztin ist sehr besorgt und zieht einen klaren Schlussstrich für sich! Die Zustände auf der Insel sind alarmierend.

© IMAGO / Ingo Kutsche

Sylt: Fünf überraschende Fakten zur Insel

Sylt ist eines der beliebtesten Reiseziele in Deutschland. Wir haben fünf überraschende Fakten zur Insel gesammelt.

Wenn man Kinder fragt, was sie später gerne von Beruf sein wollen, kommt oft die Antwort: Tierarzt/Tierärztin! Laut „Forschung-und-wissen.de“ liegt der Berufswunsch der Kleinen auf Platz zwei der Rangliste. Doch so rosig, wie sich die Kids den Beruf vorstellen, ist er leider nicht. Auf der Promi-Insel-Sylt schlägt jetzt eine Tierärztin mächtig Alarm.

Sylt gilt längst nicht nur als Hotspot der Reichen und Schönen – rund 4,8 Millionen Übernachtungen zählte die Nordsee-Insel 2022. Zahlreiche Gäste strömen auch mit ihren Vierbeinern auf das größte nordfriesische Eiland, um an den langen Stränden Gassi zu gehen. Doch aus medizinischer Sicht wird jetzt alles anders…

Sylt: Ärzte am Limit

Das Problem, das auf Sylt jetzt herrscht, ist, dass es nur drei Tierarztpraxen weit und breit gibt. Davon übernehmen lediglich zwei Ärzte den Wochenend-Notdienst. Kaum zu stemmen, wenn man noch ein Privatleben führen möchte. Erst am Montag (31. Juli) wurde bekannt, dass der Notdienst nicht mehr geregelt stattfinden kann! Weder am Wochenende, noch nach den normalen Sprechzeiten (MOIN.DE berichtete).

MOIN.DE sprach mit Tierärztin Dr. Stefanie Petersen, die einen erschreckenden Einblick in ihren Alltag gewährt: „Der Beruf ist eine enorme Belastung. Wir Tierärzte sind alle am Limit. Es gibt im Verhältnis zu viele Hunde auf der Urlaubs-Insel für so wenige Ärzte. Ich habe am Wochenende bis zu 16 Notdiensteinsätze an einem Tag. Das ist kaum zu bewältigen.“

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Einige Hundebesitzer wüssten oft nicht zwischen einer ‚Lappalie‘ und einem richtigen Notfall zu unterscheiden. Die Tierärztin: „Vermehrt werde ich spät abends panisch angerufen, nur weil der Hund einen Punkt auf seinem Fell hat.“ Die Zustände seien kaum auszuhalten.

Sylt: Tierärztin verlässt die Insel

Verzweifelt wendet sich Dr. Petersen mit einem Appell an ihre Berufskollegen: „Die Lage ist dramatisch. Die Selbstmordrate bei Tierärzten ist enorm hoch! Zu 95 Prozent arbeiten Frauen in diesem Beruf, die, wie ich, eine Doppelbelastung haben: Kinder und Haushalt – und die Praxis, die unter der Woche überfüllt ist. Meine Ehe litt unter dem Pensum und zerbrach. Wir schaffen es auf Sylt einfach nicht mehr und brauchen dringend Hilfe.“

Jetzt zieht die Veterinärin einen klaren Schlussstrich: Sie verlässt die Luxusinsel Sylt! „Ich pendle jetzt schon zwischen Sylt und dem Münsterland. In Kürze bin ich komplett dort und arbeite in einer Tierarztpraxis. Sylt ist sehr schön, aber es geht so einfach nicht mehr für mich“, bedauert sie. Depressionen und Burnout seien vorprogrammiert.

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Tierarztheilpraktikerin Sonja Rommerskirch sagt gegenüber MOIN.DE, dass die Unterstützung von der Tierärztekammer fehle. „Die Kammer weiß von dem Problem, aber denen scheinen auch die Hände gebunden zu sein. Es müsste sich generell etwas an der Politik ändern. Neue Ärzte bleiben aus. Eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist sehr schwierig.“


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Rund 950.000 Gäste verbringen jährlich ihren Urlaub auf Sylt – wenn ein Großteil der vielen Hundebesitzer künftig aus Angst vor fehlender tierärztlicher Versorgung ausbleibt, trifft das sicher auch das Tourismusgeschäft der Insel.

Auf Anfrage von MOIN.DE blieb eine Stellungnahme von der Tierärztekammer und der Gemeinde Sylt bislang aus.

UPDATE: Doch rund drei Monate später scheint offenbar über Sylt wieder die Sonne! Dr. Petersen erklärte gegenüber MOIN.DE, dass sie die Insel nicht verlassen würde und weiterhin ihre Tätigkeit als Tierärztin nachgehe. Tierhalter können wieder aufatmen…


Anmerkung der Redaktion:
Zum Schutz der betroffenen Familien berichten wir normalerweise nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit.
Wer unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leidet oder jemanden kennt, der daran leidet, kann sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie ist erreichbar unter der Telefonnummer 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.