Am Sonntagabend (31. November) wird ein brisantes Kapitel der deutschen Geschichte in die Wohnzimmer gebracht: Der neue „Tatort“ Norddeutschland mit dem Titel „Schweigen“ widmet sich einem Thema, das viele Menschen seit Jahren beschäftigt und erschüttert.
Worum es geht im neuen „Tatort“ Norddeutschland: Die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche. Millionen Zuschauer erwartet ein Krimi, der auf der grausamen Realität basiert, die das Vertrauen in die Kirche noch immer erschüttern.
„Tatort“ Norddeutschland: Nicht leicht zu ertragen
Kommissar Thorsten Falke (gespielt von Wotan Wilke Möhring) stolpert in die Abgründe eines Systems, als er in einem Kloster in der Eifel eigentlich Ruhe suchen wollte. Stattdessen findet er die Leiche eines Priesters, einen versteckten Keller voller erschreckender Fotos von Kindern und den überfordernden Widerstand einer kirchenverbundenen Gemeinschaft. Was sich wie ein fiktiver Krimi liest, ist für viele Betroffene schmerzlich nah an der Realität.
Das Drehbuch des „Tatort“ Norddeutschland schöpft seine Inspiration aus wahren Fällen wie dem des Priesters Edmund Dillinger, der bis zu seinem Tod tausende kinderpornografische Fotos sammelte. Die im Film angedeuteten Netzwerke und systematischen Vertuschungen rufen Erinnerungen an Fälle wie den Campingplatz von Lügde wach. Diese Parallelen lassen den Film umso beklemmender wirken – er zeigt nicht nur, was war, sondern auch, was jahrzehntelang ignoriert wurde.
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„Tatort“ Norddeutschland: „Leider sehr realistisch“
Betroffenenvertreter wie Matthias Katsch, Sprecher der Initiative „Eckiger Tisch“, loben den Film für seine Authentizität. „Er kondensiert viele tausend Fälle sexuellen Missbrauchs durch Priester in einer fiktiven Handlung“, erklärt Katsch. Die typischen Muster von Vertuschung, Versetzungen und mangelnder Aufarbeitung werden in „Schweigen“ eindringlich dargestellt. Der Film sei eine wichtige Erinnerung daran, dass für viele Opfer die Wunden noch immer offen sind.
Gedreht wurde die Folge in der geschichtsträchtigen Abtei Mariawald, die 2018 geschlossen wurde. Für Schauspieler Möhring war es ein symbolträchtiger Ort: „Es zeigt, dass auch die Kirche daran interessiert ist, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.“ Geistlicher Leiter Andreas Rose begleitete die Dreharbeiten, stellte sicher, dass Gebete und liturgische Details korrekt dargestellt wurden, und sorgte dafür, dass keine unpassenden Witze über Missbrauch in den Film gelangten. „Der Tatort ist erschreckend realistisch, aber genau das ist wichtig“, betonte er.
„Tatort“ Norddeutschland: Ein Film, der aufrüttelt
Regisseur Lars Kraume hofft, dass der „Tatort“ Norddeutschland die Diskussion über Missbrauch in der Kirche neu entfacht. „Das große Unrecht ist noch lange nicht ausgeräumt.“ Auch Betroffene wie Katsch hoffen, dass der Film anderen Opfern Mut macht, sich Hilfe zu suchen. Doch trotz dieser Bemühungen bleibt die Debatte über die Schuld und Verantwortung der Kirche allgegenwärtig.