Es war nicht leicht, Werner Dive zu verstehen. Es sei denn, man kam aus Köln. So wie er.
Kölsche Jung durch und durch. Die Stadt am Rhein war das Zentrum seiner Welt. FC Kölle, Karneval und Kölsch. Geboren wurde Dive am 21.10.1944 mitten im Weltkriegs-Köln.
In der Elsaßstraße wuchs er auf, in der Südstadt, heute Szene-Viertel, damals Arbeiter-Bezirk. Im gleichen Veedel hatte er später eine Eck-Kneipe, den Maischbottich in der Annostraße Ecke Dreikönigenstr. Mit 68 Jahren machte er 2013 zu. Aber es blieben ja genügend andere Dinge zu tun…
Die Geschichte über Ballermann-Legende Werner Dive
Dives zweite Heimat war Mallorca. Zumindest im September, immer in der zweiten Woche des Monats. 1972 kam er erstmals hierher. Nach Lektüre des Neckermann Katalogs und kurz vor der Buchung stellte er Folgendes fest: Mallorca ist billiger als die ganzen Party-Städtchen am Rhein, wo er und seine Jungs sonst feierten. Das passte ganz gut, auf der letzten Mannschaftsfahrt zertrümmerten seine Kumpels vom FC Merowinger beim ausgelassenen Feiern versehentlich eine Kneipe.
+++ Mallorca-Urlauber werden bei Ausgaben am Ballermann deutlich – „Bodenlos teuer“ +++
Die Konsequenz: Stadtverbot in Assmannshausen für die rüpelige Thekentruppe, die nie ein echter Fußballverein war. Eher ein Mix aus robuster Karnevals-Gesellschaft und Wochenend-Trinkern. Kölner Arbeiter, ehemalige Wehrmachtssoldaten, Luden, ein bunter Haufen aus Milieu und Proletariat mit viel Spaß am Schunkeln. Bis zu dem Zeitpunkt als die Merowinger auf Mallorca aufschlugen, waren die Touristen auf Mallorca nicht sonderlich verhaltensauffällig, außer vielleicht durch ihre Beschwerden am Buffet.
Doch Werners FC Merowinger änderte die Lage komplett. Sie landeten mit Kölsch, Gulaschsuppe und ihren Kostümen im Hotel Dunas Blancas in El Arenal. Es soll ihr Stammhotel bis heute bleiben. Damals wie heute lag zwischen dem Dunbas Blancas und der angesagtesten Disco seinerzeit, dem Carussel in der heutigen Bierstraße, lag eine Strandbude. Balneario 6. Werner, auch in der Mundart maximalpatriotisch, machte daraus kurzerhand den Ballermann 6 oder ausgesprochen Ballermann Sex. Humor der 70er. „Wo treffen wir uns?“ – „Na, am Ballermann 6“, so pflegte er stets die Geschichte zu erzählen.
Ballermann-Legende Werner Dive ist tot
Der erste Mallorca Urlaub lief tippi toppi für die Südstadt-Jungs. Alkohol billig, Sonne, Spanier in Ordnung. Das erzählten sie daheim. Das sprach sich rum. Immer mehr Kölner Vereine reisten an, Kegler, Sparer, Fußballer, schließlich kamen ganzen Firmen zum Betriebsausflug in den Wahnsinn. Ballermann. Ein Wort mit abschreckendem und faszinierendem Klang zugleich. Weil die Merowinger 1972 eine bekloppte Idee hatten, kommen heute Millionen an den Strand von Palma, um zu übertreiben. Wie ihre Urväter, die Merowinger, die es letztmalig im September 2024 so richtig krachen ließen. Die Senioren stellten letzten Herbst ungewollt einen neuen Ausschank-Rekord im Münchner Kindl auf. Werner Dive mittendrin, zufrieden lächelnd unter seinem weißen Schnauzer.
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Mit seiner Idee hätte Werner Millionen verdienen können. So wie es Andre Engelhardt 1994 tat, der sich die Markenrechte an Ballermann 6 und Ballermann schützen ließ. Geld war für Werner eine Nebensache. Wichtig waren Freundschaft, Zusammenhalt und Geselligkeit. Er war es, der die Merowinger auch im hohen Alter an den Ballermann peitschte, die Reisen organisierte. Es geht schließlich um Tradition und Brauchtum. Für das letzte Straßenfest in seiner Elsaßstr. Vor ein paar Wochen vermittelte Dive die Künstler vom Krankenbett aus. Werner, so sagen einige Merowinger, war der Kitt der die Truppe zusammenhielt.
Keiner weiß nun, wie es ohne ihn weitergeht. Er wird vermisst werden in der zweiten Septemberwoche am Ballermann in der Kölschen Woche, die er nur ein einziges Mal verpasste. 2020 während Corona. Ansonsten Kölsch seit 1972. Die traditionelle Karnevals-Party steigt am 17. September. Es wird wohl eher eine Trauerkneipe werden. Werner Dive verstarb nach schwerer in der Nacht zu Dienstag. Dort, wo er 1944 geboren wurde. In der Elsaßstraße.