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Posten-Roulette im Bundestag: Die AfD geht leer aus – und das ist ein Fehler

Die AfD erhält keinen Vorsitz in den Bundestagsausschüssen. Geschlossen stemmte man sich gegen die Kandidaten – ein falscher Schritt. Ein Kommentar.

© IMAGO/Bernd Elmenthaler

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Die AfD konnte bei der Bundestagswahl 20,8 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen und hat im Plenum als stärkste Oppositionspartei eine neue Machtposition errungen. Einen Vorsitz in einem der Bundestagsausschüsse gab es dennoch nicht, weil sich die Abgeordneten vehement gegen die Kandidaten stemmten. Ein Szenario, dass die politische Leitlinie von Schwarz-Rot konterkariert. Ein Kommentar.

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Schwarz-Rot steht einem AfD-Verbotsverfahren äußerst kritisch gegenüber. Man dürfe die Oppositionsführerin nicht mundtot machen, sondern müsse sie „wegregieren“. So zumindest äußerte sich Bundesinnenminister Dobrindt Anfang Mai. Vizekanzler Klingbeil sprang dem CSUler bei und sprach sich dafür aus, die AfD politisch „kleinzukriegen“.

AfD ohne Vorsitz: Entscheidung passt nicht zur politischen Leitlinie der Regierung

Die Zusammensetzung der Bundestagsausschüsse belegt jetzt aber das komplette Gegenteil. Die AfD hatte es auf sechs Leitungsposten abgesehen, doch alle sechs Kandidaten scheiterten bei der Wahl zum Vorsitz. Verhindert wurden sie durch geheime Wahlen, an dessen Ende keine Mehrheiten zustande kamen. Die Alternative für Deutschland hatte angesichts ihrer Stärke im Parlament das Recht inne, Vorsitzende aus den eigenen Reihen vorzuschlagen.


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Konkret ging es um die Ausschüsse Haushalt, Recht, Inneres, Arbeit, Finanzen und Petitionen. Bis ein Vorsitzender oder eine Vorsitzende gefunden ist, übernehmen die dienstältesten Mitglieder die Leitung der jeweiligen Ausschüsse. Unter ihnen: Keine AfD-Politiker.

Durch das Verweigern der Sitze macht man die Partei mundtot, obwohl man genau das nicht möchte. Zudem bestärkt man Weidel, Chrupalla und Co. in ihrer „Opferrolle“, auf welche sich die Führungsriege immer wieder beruft. Das Narrativ der Frust- und Protestwähler, welches sie in die Arme der AfD getrieben hat, wird bedient.

Warum nicht so wie 2019?

Würde man es mit dem „Wegregieren“ ernst meinen, hätte man die Wahl bestätigen und auf anschließende Fehler der Vorsitzenden warten müssen. Jene Fehltritte wären absehbar gewesen, schließlich sind die AfD-Positionen in den genannten Politikfeldern mehr als kontrovers. Mit gleicher Mehrheit hätte man die Vorsitzenden dann abwählen und die AfD somit mit legitimen Mitteln ins Abseits stellen können.

Ähnlich hat man es beispielsweise im November 2019 gemacht, als AfD-Politiker Stephan Brandner als Vorsitzender des Rechtsausschusses abgewählt wurde. Die Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linken und Bündnis 90/Die Grünen hatten einen Abberufungsantrag gestellt, da sie Brandner eine „fehlende Bereitschaft zur Mäßigung“ unterstellten. Mit Ausnahme der AfD-Abgeordneten stimmten alle Ausschussmitglieder für die Absetzung. Eine anschließende Klage der AfD, dass ihr ein Vorsitz rechtlich zustehen würde, wurde vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen.

Fünfeinhalb Jahre später entsteht jedoch der Eindruck, dass die politischen Mittel von Union, SPD, Grünen und Linken gegen die AfD derart limitiert sind, dass man eine solche Berufung nicht eingehen möchte. Zu groß scheint das Risiko, das Spiel mit den politischen Karten zu verlieren. Das aktuelle Veto zeugt von Doppelmoral.