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Antisemit gibt Konzert in Deutschland – unter den Augen der Behörden

Antisemitismus ist in Deutschland noch immer ein Problem. Umso erschreckender ist es, dass ein Sänger, der gegen Juden hetzt, hier auftritt.

Ein antisemitischer pro-Hisbollah und pro-Assad Sänger kann ungehindert auf deutschen Bühnen auftreten. Die Behörden hatten wohl keinen Schimmer.
© IMAGO/Zoonar

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Deutschland schreibt sich auf die Fahne, das Land zu sein, in dem Religionsfreiheit und der Schutz von Minderheiten großgeschrieben wird. Antisemiten haben hier keinen Platz, das wird immer wieder betont. Viele Menschen, die politisch verfolgt werden, flüchten gerade deswegen nach Deutschland. Weil sie hier sicher sind.

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Aber wie sicher sind sie wirklich, wenn sie auf einen Sänger treffen, der das Regime, vor dem sie geflohen sind, verherrlicht? Wenn dieser Sänger Antisemit ist – und das alles auf einer deutschen Bühne, mit deutschem Visum, unter den Augen der deutschen Behörden? Die Rede ist von dem syrischen Sänger Hossam Jneed. Er ist vergangenes Wochenende in Deutschland aufgetreten – und das ganz ungehindert.

Antisemitismus: Wie sicher ist Deutschland?

Dieser Sänger, der sich offen antisemitisch äußert, für das syrische Assad-Regime und für die Hisbollah ist, tritt in Deutschland auf. Genauer gesagt im nordrhein-westfälischen Hagen und im fränkischen Fürth. Er ist bereits bekannt: Sowohl online als auch im syrischen Staatsfernsehen preist Hossam Jneed den syrischen Machthaber Bashar al-Assad an. Auch hetzt er ganz offen gegen Juden.

Der Menschenrechts-Aktivist Mouatasem Alrifai übersetzt einen Teil von Jneeds Parolen: „Syrien, dein Volk besteht aus Löwen (Assadisten). Sie tragen keine Pistolen, sondern Maschinengewehre. Erhebt sie morgen gegen die Juden!“ Später im Video preist der Sänger den Führer der islamistischen Hisbollah, Hasan Nasrallah: „Sie wollen, dass du gehst, doch wir akzeptieren keinen Ersatz für dich. Ruf nach uns, Nasrallah, wir würden sogar für dich sterben“. Diese Texte, und die ständige Nähe Jneeds zum diktatorischen Machthaber Syriens, al-Assad, schockiert viele Menschen.

Als Jneed am Donnerstag (18.04) am Frankfurter Flughafen landete, wurde er von Protestrufen begrüßt. Einige Menschen, vermutlich mit syrischem Migrationshintergrund, skandierten „Shabiha“ in die Richtung des Sängers. Damit spielen sie auf eine paramilitärische Miliz der syrischen Regierung an. Diese geht mit extremer Brutalität, vor allem gegen Gegner des Assad-Regimes, vor. Der Menschenrechts-Aktivist Alrifai erklärte unserer Redaktion: „Die syrische Community ist entsetzt und sprachlos, weil Deutschland Unterstützern von Terrororganisationen und Terrorregimen ein Visum erteilt.“

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Viele Deutsche mit syrischem Migrationshintergrund sind vor dem Regime geflohen, das jetzt frei von Jneed besungen werden kann. Das und der Antisemitismus des Sängers hätten eigentlich dazu führen müssen, dass der Sänger nicht nach Deutschland hätte einreisen dürfen. Doch das konnte er. Zwar wurde das Konzert des Antisemiten in Fürth frühzeitig abgebrochen, das scheint aber nicht an den Behörden gelegen zu haben, sondern an dem Druck der Zivilisten. Alrifai und andere machten im Vorfeld auf den geplanten Auftritt aufmerksam und protestierten dagegen. Die Frankfurter Rundschau berichtete darüber. Der Zentralrat der Juden und auch die deutsch-israelische Gesellschaft äußerten sich daraufhin zu diesem Thema, forderten Konsequenzen von Seiten der Behörden.

Es ist wahrscheinlich, dass Jneed daraufhin kalte Füße bekommen hat und schnell das Land verlassen wollte, weil er diese Konsequenzen fürchtete. Er konnte jedoch genauso ungehindert aus Deutschland aus-, wie zuvor einreisen. In seiner Story auf Instagram dokumentiert Jneed seinen Einstieg in den Flieger Richtung Beirut. Er lacht, ist fröhlich, macht sich lustig. Dass Zivilisten in Deutschland von dem Auftreten des antisemitischen Sängers wussten und dagegen protestierten, die Behörden aber scheinbar keinen Schimmer von dem Geschehen in ihrem Land hatten, ist ein starkes Stück.

Das Bürgermeisteramt der Stadt Fürth weist, auf Anfrage unserer Redaktion, darauf hin, dass in ihrer Stadt Antisemitismus, Ausgrenzung und Gewalt grundsätzlich nicht akzeptiert werden. Die Stadt unternehme alles, was rechtlich in ihrer Macht stehe, um Veranstaltungen mit Personen, die das nicht respektieren, zu verhindern. „Der Auftritt erfolgte in einer privaten Veranstaltungshalle (mit Bühne und Raum für 200 Personen) in Fürth. Auf die Vermietung der Halle und die Programmgestaltung hat die Stadt Fürth keinen Einfluss.“

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Antisemit und Pro-Assad Propaganda

Veranstaltungen in dieser Veranstaltungshalle müssten weder angezeigt noch von der Stadt genehmigt werden, so das Bürgermeisteramt. „Wegen der Veranstaltung, die über eine Bürgereingabe kurz vor dem Stattfinden bekannt wurde, befand sich die Stadt Fürth in engem Austausch mit der Polizeiinspektion Fürth. Die Polizei hat nach eingehender Prüfung keine Hinweise auf ein mögliches strafbares Handeln erkannt.“ Tatsächlich ist es nach den Informationen unserer Redaktion in Fürth selbst nicht zu antisemitischen oder anderen strafbaren Aussagen gekommen. Der offene Antisemit Jneed sagte nur: „Gibt das für die nächsten Konzerte weiter: Haltet Politik von der Kunst fern. Politik ist das eine und Kunst ist etwas ganz anderes. Wenn ich aus Syrien komme, singe ich nicht politisch auf der Bühne, sondern übermittle meine künstlerische Botschaft.“ Übersetzt wurden diese Aussagen für unsere Redaktion von Alrifai.

Das Fürther Bürgermeisteramt kommentierte: „Auf Veranstaltungen in privaten Objekten, also in privaten Veranstaltungshallen, Gaststätten, oder vergleichbaren Örtlichkeiten, kann die Stadt Fürth zunächst keinen Einfluss nehmen. Die Stadt Fürth befindet sich jedoch laufend mit der Polizei im Kontakt und wird bei Bedarf die erforderlichen und rechtlich möglichen Maßnahmen veranlassen.“ Fürth sei eine weltoffene, vielfältige und tolerante Stadt, in der Gewalt, Ausgrenzung und Antisemitismus keinen Raum haben. „So lange jedoch bei solchen Auftritten rechtliche Grenzen nicht überschritten werden, müssen diese leider hingenommen werden.“ Die Stadt bedauere sehr, dass sie die Veranstaltung aufgrund fehlender rechtlicher Handhabe nicht verhindern konnte.


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Außerdem bedauere die Stadt Fürth, dass eine Einreise von Jneed überhaupt möglich war. Das fällt in den Aufgabenbereich des Auswärtigen Amts. Dieses äußerte sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht zu der Anfrage unserer Redaktion.