Veröffentlicht inPolitik

EU-Politiker Radtke im Interview – „Israel schafft Fakten für unsere Sicherheit“

In der EU blickt man besorgt auf die Eskalation zwischen Israel und dem Iran. Im Interview erklärt Dennis Radtke, inwieweit unsere Interessen bedroht sind.

© IMAGO/Khadija Toufik; Ingo Otto

Warum Israel und der Iran Krieg führen

Der israelische „Präventivschlag“ gegen den Iran hat eine neue Eskalation in Nahost ausgelöst. Die Mission „Rising Lion“ (13. Juni) wurde mit der weit fortgeschrittenen Entwicklung iranischer Atomwaffen, welche es zu verhindern gelte, begründet. Der Iran hat als Reaktion zahlreiche Raketen auf Israel abgefeuert.

+++ Hier geht es zum Nahost-Ticker +++

Auf beiden Seiten gibt es zivile Todesopfer, Experten warnen vor einem Flächenbrand in der Region. Die Eskalation beunruhigt auch die EU, immerhin stehen „unsere Sicherheitsinteressen auf dem Spiel“. Das meint CDU-Politiker und EU-Parlamentsmitglied Dennis Radtke im Interview mit unserer Redaktion.

Radtke: „Iran destabilisiert gesamte Region“

Herr Radtke, wie wird die jüngste Eskalation im Nahen Osten im Europäischen Parlament wahrgenommen? Wie blickt man in Brüssel auf die derzeitigen Gegebenheiten?

Die Positionen im Parlament sind sehr heterogen. Ich bin mitunter entsetzt, wie einseitig die politische Linke Partei ergreift gegen Israel. Ich frage mich, wo sind all die linken Feministinnen, wenn es um den Kampf der Mullahs gegen die Rechte der Frauen im Iran oder die Vergewaltigungen von israelischen Frauen geht? Das wird an politischem Irrsinn nur noch von „queers for palestine“ übertroffen. Wie lange würden sie als offen queer lebender Mensch dort denn Leben können?

Inwieweit sind wir Europäer in die Eskalation involviert?

Unsere Sicherheitsinteressen stehen auf dem Spiel. Der Iran destabilisiert, auch über seine Proxys, gezielt die gesamte Region. Hinzu kommt: je mehr Konfliktherde herrschen, je unübersichtlicher die Lage wird, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Chinesen gewaltsam nach Taiwan greifen.


Weitere Nachrichten:


Dort wird Handeln und nicht Handeln des Westens sehr genau analysiert. Besetzen die Chinesen Taiwan, hätte dies massive Auswirkungen auf unsere Versorgung mit Halbleitern. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir uns längst in einem hybriden Krieg befinden. Wir tun viel zu wenig, um unsere kritische Infrastruktur zu schützen und unsere Unabhängigkeit von Autokraten zu stärken. Je länger die Achse Russland, Iran, China und Nordkorea den Eindruck hat, der Westen ist schwach und nicht vorbereitet, umso größer wird die konkrete Bedrohung werden. Das Szenario, dass die Russen bald den Artikel 5 des NATO-Vertrages austesten wollen, wurde vom BND klar als realistisch benannt. Für uns reicht keine Zeitenwende mehr, wir brauchen einen sicherheitspolitischen Quantensprung.

EU-Politiker überzeugt: „Israel schafft Fakten“ – Diplomatie gescheitert

Hat Israel aus Ihrer Sicht richtig gehandelt? Gab es wirklich keine Aussicht auf diplomatischen Erfolg?

Alle diplomatischen Bemühungen der letzten Jahre sind verpufft, teilweise unter grotesken Handlungen, wie die Glückwünsche von Frank-Walter Steinmeier an das Regime zum Jahrestag der Machtergreifung. Israel schafft Fakten auch für unsere Sicherheit, während andere an ihren Träumen festhalten wollten, dass ein Regime, das Frauen foltert und Israel vernichten will, sich auf Vereinbarungen mit uns einlässt.

Dennis Radtke sitzt seit 2017 für die CDU im Europäischen Parlament. Foto: IMAGO/Funke Foto Services

Putin hat sich als Friedensvermittler angeboten, die EU lehnt dies ab. Wer soll diese Aufgabe übernehmen?

Putin ermordet jeden Tag Zivilisten in der Ukraine und wird dabei massiv vom Iran mit der Lieferung von Drohnen unterstützt. Dieses Angebot ist zynisch und eher eine zusätzliche Provokation. Der Westen sollte Möglichkeiten ausloten und unterstützen, die zu einem Regimewechsel in Teheran führen.

Einige Medien berichten, dass der Iran den Rückzug aus dem Atomwaffensperrvertrag vorbereitet. Was würde das für die westliche Welt und die Zukunft des Krieges bedeuten?

Der Iran hat sich in den letzten Jahren immer wieder den Auflagen und Kontrollen entzogen. Ob sie aus dem Atomwaffensperrvertrag aussteigen oder nicht: wir müssen alles dafür tun, dass der Iran niemals in den Besitz von Atomwaffen gelangt.