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Hamburg Hafen: Umstrittener China-Deal im Anmarsch! Doch plötzlich zu DIESEN Konditionen

Die Ressorts raten weiter von dem Geschäft ab und würden es am liebsten canceln. Doch das geht nicht ohne das Kanzleramt.

Hamburg: Eine Flagge der Volksrepublik China liegt im Sand vom Elbstrand beim Hafen, Foto: IMAGO / Hanno Bode

Im Fall der politisch umstrittenen chinesischen Beteiligung an einem Containerterminal im Hafen von Hamburg läuft es innerhalb der Bundesregierung auf eine Kompromisslösung zu.

Demnach würde sich der chinesische Cosco-Konzern zwar wie vor mehr als einem Jahr vereinbart an dem Terminal Tollerort des Hafenlogistikers HHLA beteiligen. Der Anteil der Chinesen würde aber nur 24,9 Prozent betragen. Unter den beteiligten Ministerien liefen am Dienstag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch entsprechende Abstimmungen über den Deal im Hafen von Hamburg.

Hamburg Hafen: Ressorts weiter dagegen

Nach Informationen aus Regierungskreisen sehen die beteiligten Ressorts der Bundesregierung eine Begrenzung allenfalls als „Notlösung“ an, um zu verhindern dass Cosco wie ursprünglich geplant einen Anteil von 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Terminals sowie einen Geschäftsführer und Einspruchsrechte bekommen würde. Eine komplette Untersagung werde nach wie vor für den richtigen Weg gehalten, das hätten die Ressorts deutlich gemacht.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bekräftigte am Rande eines EU-Ministertreffens in Luxemburg seine Haltung, „dass wir möglichst keine chinesischen Investitionen in kritischer Infrastruktur haben sollten“. Er fügte hinzu, die Abstimmung in der Bundesregierung sei noch nicht abgeschlossen. „Die läuft also noch.“


Daten und Fakten zum Hafen in Hamburg:

  • er ist ein offener Tidehafen an der Unterelbe der Freien und Hansestadt Hamburg (Eröffnung: 7. Mai 1189)
  • Der Hafen in Hamburg ist der größte Seehafen in Deutschland und der drittgrößte in Europa (hinter Rotterdam und Antwerpen)
  • Gesamtfläche: 7.200 Hektar (ca. 10 Prozent der Fläche Hamburgs)

Allerdings hieß es in Regierungskreisen, es zeichne sich ab, dass eine Entscheidung über eine vollständige Untersagung einer Beteiligung im Kabinett nicht erreicht werden könne – weil sie nicht vom Kanzleramt auf die Tagesordnung gesetzt werde, wie es weiter hieß. Entscheide das Kabinett nicht in dieser Woche, sei der Verkauf automatisch so wie von Cosco und HHLA vereinbart genehmigt. Dies gelte es zu verhindern.

Eine Beteiligung von 24,9 Prozent liegt gesellschaftsrechtlich unter der so genannten Sperrminorität von einem Viertel, mit der wichtige Entscheidungen eines Unternehmens von einem Anteilseigner blockiert werden können.

Offen ist, wie sich der chinesische Konzern zur neuen Sachlage verhält. Eine entsprechende dpa-Anfrage an die Cosco Shipping Ports Limited (CSPL) blieb am Dienstag unbeantwortet.

Hamburg Hafen: Was sagt die chinesische Seite?

Nach dpa-Informationen dürfte die in Berlin gefundene Lösung aber mit der chinesischen Seite abgestimmt sein. Beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA gehe man davon aus, dass die Chinesen die Kompromisslösung mit einer auf 24,9 Prozent reduzierten Beteiligung mittragen, hieß es in Unternehmenskreisen. Während der Gespräche mit der Bundesregierung habe es in den vergangenen Tagen auch immer eine Rückkopplung mit Cosco gegeben.

Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrößte Containerreederei. Deren Schiffe laufen seit mehr als 40 Jahren das Terminal Tollerort an. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das CTT zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen. Reedereibeteiligungen an Terminals sind in der globalen Containerlogistik üblich. Beispielsweise ist Hapag-Lloyd am Hamburger HHLA-Terminal Altenwerder beteiligt und Maersk hält Anteile an einem Terminal in Bremerhaven. Cosco selbst hält allein in Europa bereits Beteiligungen an acht Terminals.

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Reedereien sichern sich mit solchen Beteiligungen Abfertigungskapazitäten. Im Gegenzug sichern Terminalbetreiber die Auslastung ihrer Anlagen. Zudem helfen externe Kapitalbeteiligungen, nötige Investitionen zu stemmen, die etwa für Automatisierung und klimaneutralen Umbau der Abfertigung nötig sind. Nach Einschätzung aus Branchenkreisen wäre ein Scheitern des Cosco-Einstiegs für den größten deutschen Seehafen fatal. „Die müssen das machen“, heißt es.

In Hamburg herrscht Sorge, dass Cosco bei einem Scheitern Geschäft beispielsweise zu den größeren Konkurrenzhäfen Rotterdam oder Antwerpen verlagern könnte. Der weltgrößte Exporteur China ist mit etwa einem Drittel der abgefertigten Container mit Abstand wichtigster Handelspartner des größten deutschen Seehafens.

Hamburg Hafen: Warnung vor Abhängigkeiten

Unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen war politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Der federführende Minister Habeck warnt etwa vor neuen Abhängigkeiten. Linie des Wirtschaftsministeriums und anderer Ministerien war es eigentlich, das Geschäft unter Verweis auf Sicherheitsrisiken komplett zu untersagen. Das Kanzleramt drängte aber laut Medienberichten darauf, dass der Einstieg zustande kommt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Anfang November nach China reist, betonte zuletzt, dass noch nichts entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten. Er wies zudem darauf hin, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe. Grund und Boden selbst sind zu 100 Prozent im Besitz der Hansestadt Hamburg.


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Der sich nun abzeichnende Kompromiss ist in der Ampel-Koalition umstritten. Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte der dpa: „Die Teiluntersagung der Übernahmeabsichten von Cosco würde dem Ausverkauf unserer kritischen Infrastruktur an ein chinesisches Staatsunternehmen immerhin die Spitze nehmen.“ Das ändere aber nichts daran, dass die Entscheidung von Scholz, den Verkauf nicht komplett zu untersagen, falsch sei. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte der dpa, der Kompromiss mit einer geringeren chinesischen Beteiligung sei ein weiterer folgenschwerer Fehler in Zeiten großer Ungewissheit.

Das China-Institut Merics warnte vor Risiken. Analyst Jacob Gunter sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Cosco und seine Investition in den Hamburger Hafen bergen verschiedene Risiken für die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands.“ Cosco sei nicht nur ein weiteres multinationales Unternehmen, das einfach nur eine Rendite anstrebt – sondern ein Instrument der chinesischen Regierung, um deren strategische Ziele voranzutreiben. Je abhängiger Deutschland von Investitionen und Geschäften mit Cosco werde, desto mehr Einfluss könnten Cosco und Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben. (dpa)