Der „Wünschewagen“ des Arbeiter-Samariter-Bundes Hamburg erfüllt letzte Wünsche von Menschen, die unheilbar krank sind. Die Reisen führen an Orte, die für viele nicht mehr erreichbar scheinen – sei es ans Meer, zum Lieblingsverein oder zur Familie. Oft geht es nicht nur um den Ort, sondern um das Gefühl von Nähe, von Abschied, von einem letzten Stück Leben.
In einem umgebauten Krankentransportwagen begleiten Ehrenamtliche schwerstkranke Menschen. Sie schenken Zeit, Aufmerksamkeit und Sicherheit – auf einer Fahrt, die meist mehr bedeutet als Worte sagen können. Für Liane, 65 Jahre alt und schwer an Krebs erkrankt, ist genau so eine Fahrt zur letzten Hoffnung geworden.
Nähe Hamburg: 370 Kilometer bis zum Wiedersehen
Fast ein Jahr – so lange hat Liane ihre Eltern nicht mehr gesehen. Konnte sie nicht in die Arme schließen. Nicht von Angesicht zu Angesicht mit ihnen sprechen. Und das ist besonders schwer, weil ihr wohl nicht mehr viel Zeit bleibt. Die Erkrankung schreitet unaufhaltsam voran, macht selbst kurze Wege zu einer Herausforderung. Die 370 Kilometer lange Strecke nach Mecklenburg-Vorpommern ist kaum noch zu schaffen.
Lianes Eltern sind beide über 80. Auch sie zu schwach zum Reisen. Also fasst Liane einen Entschluss. Sie verlässt das Hospiz in der Nordheide in der Nähe von Hamburg – mit Sauerstoffgerät, begleitet von ihrer Tochter Monique sowie den ehrenamtlichen Helfern Jasmin und Pascal.
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Das Ziel der Reise: das Elternhaus in Woldegk. Bei der Ankunft steht das Essen schon auf dem Tisch. Alles ist vorbereitet. Die Wiedersehensfreude ist groß. „Dicke, dicke Tränen kullern“, heißt es in dem Bericht des ASB. Oben im ersten Stock liegen sich alle in den Armen. Es wird gegessen, gelacht, geschwiegen.
Tränen, Kuchen und ein letzter Blick zurück
Nach dem letzten gemeinsamen Familienessen sitzen sie zusammen in der kleinen Sitzecke. Genießen die Nähe. Jasmin und Pascal ziehen sich zurück, vertreten sich die Beine auf einem Spielplatz. Zum Kaffee sind sie zurück – es gibt Bienenstich und Schwarzwälder Kirsch.
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Der Abschied ist leise, aber schwer. Die Rückfahrt beginnt. Lianes Mutter Silvia begleitet sie noch bis zum „Wünschewagen“, ihr Vater Klaus-Dieter winkt vom Balkon. Doch kurz vor Schluss hat Liane noch einen letzten Wunsch. Sie möchte ein letztes Mal an der alten Wohnung vorbeifahren. Die Ehrenamtlichen zögern nicht. Als sie dort ankommen, steht plötzlich die Nachbarin Wilma auf dem Balkon. Sie wohnt immer noch dort. Das Wiedersehen ist unerwartet. Und endgültig. Aber auch voller Wärme.
Seit 2014 bringen engagierte Samariterinnen und Samariter des ASB-„Wünschewagen“ schwerkranke Menschen noch einmal an ihren Lieblingsort. Das Projekt ist spendenfinanziert.