In der Ostsee häufen sich seit Wochen mysteriöse GPS-Störungen und sie bringen vor allem Freizeit-Kapitäne in ernste Gefahr. Auf vielen Booten reißen die Signale plötzlich ab, Navigationsgeräte zeigen falsche Positionen oder gar nichts mehr an.
Die betroffenen Gebiete werden immer größer, inzwischen reicht die Stör-Zone von der südöstlichen Ostsee bis in den Finnischen Meerbusen. Besonders problematisch ist das für kleinere Schiffe, die oft keine zweite Navigationshilfe an Bord haben.
Ostsee-Warnung mit Seltenheitswert
Der Seenotretter Johan Mårtensson von der Schwedischen Gesellschaft für Seenotrettung berichtet gegenüber der „tagesschau“, wie bei einem Einsatz plötzlich alles versagte: „Als ich dann versuchte, die Position des Havaristen zu bestimmen, ging das nicht.“ Weder das GPS des Rettungsschiffs noch das des havarierten Bootes funktionierten. Der Kompass drehte sich nur noch im Kreis – eine Orientierung auf der Ostsee war kaum noch möglich.
Die Rettung gelang nur, weil Mårtensson auf Erfahrung, Kompass und Papierkarte zurückgreifen konnte. Seit Mai steigen die Meldungen über gestörte Navigationssysteme auf See massiv an. Die schwedische Schifffahrtsbehörde warnte im Juni bereits für die gesamte Ostsee – ein Warnsignal mit Seltenheitswert. Besonders gefährlich: Bei Ausfall des GPS steigt das Risiko für Unfälle, wie Kollisionen oder das Auflaufen auf Grund.
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Mögliche Ursache für die Ostsee-Ausfälle
Ursache der Ausfälle ist laut Experten häufig sogenanntes Spoofing – dabei werden manipulierte Signale gesendet, die dem System eine falsche Position vorgaukeln. Alternativ kann sogenanntes Jamming die Satellitensignale komplett blockieren. Beides sind keine technischen Defekte, sondern gezielte Eingriffe in die Navigation. Jonas Franzen von der schwedischen Schifffahrtsbehörde erklärt gegenüber der „tagesschau“: „Daher muss da jemand aktiv zugange sein und die GPS-Signale stören.“
Der Verdacht, wer dahinterstecken könnte, richtet sich zunehmend nach Osten. Hans Liwång, Professor an der Schwedischen Militärakademie, sagt klar: „Vieles deutet darauf hin, dass Russland dahintersteckt.“ GPS-Störungen über der Ostsee treten seit dem Angriff auf die Ukraine fast täglich auf. Waren es 2018 noch unter 100 dokumentierte Fälle, zählte die EU-Flugsicherheitsbehörde 2023 bereits über 10.000 – Tendenz steigend.
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Einige Behörden in Litauen und Estland haben gegenüber der ARD bestätigt, dass viele Störungen direkt aus Kaliningrad gesendet werden. Liwång betont, dass die Ostsee durch die Spannungen zwischen Russland und dem Westen zu einem strategisch brisanten Raum geworden ist. Die digitalen Angriffe auf Navigationssysteme könnten dabei gezielte Signale setzen.
Die schwedische Schifffahrtsbehörde ruft Freizeit-Kapitäne deshalb eindringlich zu mehr Vorsicht auf. Digitale Karten sollten nicht allein genutzt werden – Radar, Kompass, Peilung und vor allem aktuelle Papierseekarten müssten mitgeführt werden. Wer auf die Ostsee geht, solle regelmäßig manuell überprüfen, ob die Position stimmt, und sich über aktuelle Warnmeldungen informieren. Denn auf See kann ein falsches Signal lebensgefährlich sein.