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Lost Place in Hamburg: In der Stadt steht die traurigste Ruine überhaupt – ihr Anblick ist eine Zumutung

Lost Place in Hamburg: In der Stadt steht die traurigste Ruine überhaupt – ihr Anblick ist eine Zumutung

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Ein Bagger steht Ende März 2021 vor der Schilleroper und reißt die Umbauten ab. Foto: picture alliance/dpa | Daniel Reinhardt

Man könnte annehmen, ein Lost Place versteckt sich immer dort, wo nicht viele Menschen unterwegs sind. In Hamburg gibt es solche Orte allerdings direkt vor der Nase der Einwohner.

Einigen ist gar nicht bewusst, dass es sich bei der Baustelle, dem heruntergekommenen Gebäude oder dem gruseligen Haus um einen Lost Place handelt und das mitten im Zentrum von Hamburg.

Lost Place zwischen Szenevierteln in Hamburg

Heiligengeistfeld, Rindermarkthalle, St. Pauli, Altona und Sternschanze – die Ecke „Neuer Pferdemarkt“ befindet sich in bester Nachbarschaft im Zentrum von Hamburg. Über die große Kreuzung brausen Autos und Busse, in den vielen Cafès und Lokalen rundherum sitzen Menschen zusammengehockt auf kleinen Bierbänken. Niemand von hier aus sieht direkt, dass sich in unmittelbarer Nähe der traurigste Lost Place der Stadt befindet.

Von der Straße aus ist er nämlich nur schlecht zu sehen und versteckt sich in zweiter Reihe hinter mehreren Gebäuden. Die großen Menschenströme zwischen St. Pauli und der Sternschanze flanieren ein kleines Stück abseits des Lost Place entlang. Und viel ist auch nicht mehr übrig von der traurigsten Ruine der Stadt Hamburg.

Nur noch eine riesige, runde Stahlkonstruktion ist zu sehen. Vollgerostet bis zum geht nicht mehr. Aber wer vor dem Bauwerk steht, kann erahnen, was für ein wunderschönes Gebäude die Schilleroper mal gewesen sein muss.

Bis Anfang 2021 war hier noch viel mehr zu sehen als nur die Stahlkonstruktion. Sie war damals noch umringt von mehreren Umbauten, dann kamen zum Entsetzen vieler Anwohner über Monate hinweg die Abrissbagger. Auch das Gerüst selbst war einst bedeckt von Fenstern, Mauern, Wellblech.

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Um die Schilleroper herum stehen mehrere Wohngebäude, sie ist wie eingekesselt. Dass auf der hochattraktiven Fläche mittlerweile nur noch das große, nackte Gerüst steht, kommt weil es unter Denkmalschutz steht. Man fragt sich: Warum wurde keine bessere Lösung gefunden für dieses Areal in bester Lage?

Ein Anwohner auf der Straße spricht von einem „traurigen Anblick. Was man da hätte draus machen können.“ Er habe schon so viel gehört, was mit dem Areal geschehen solle, passiert sei letztlich aber nie etwas Konkretes.

Neben dem ganzen verrosteten Stahl ist in der Mitte der Schilleroper ein glänzendes, neues Gerüst zu sehen. Es trägt die Konstruktion und schützt sie vor einem möglichen Einsturz. Denn das Gebäude – oder das was noch davon übrig ist – rottet seit Jahrzehnten vor sich her. Und das mit voller Absicht.

Lost Place in Hamburg: Vom Zirkus zur Oper

1891 noch strömten die Massen in die Schilleroper, damals war sie ein richtiger Zirkus, mehrere Tausend Menschen sollen darin Platz gefunden haben. Später wurde das Gebäude zum Theater und schließlich zur Oper umfunktioniert.

Trotz der direkten Nähe zum Heiligengeistfeld und dessen großen Bunker, der im Zweiten Weltkrieg auch Flak-Stellung war, wurde die Schilleroper nicht vollends zerstört, doch nach dem Krieg fand sich keine Verwendung als Veranstaltungsort mehr. Die Eigentümer wechselten hier und da.

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Wie der NDR berichtet, gab es in den Räumen der Konstruktion verschiedenste Wohnformen: Künstler, Arbeiter, Asylbewerber und von 2004 bis 2006 sogar mal einen Club. Außerdem hier und da mal ein Restaurant.

Es ist eine traurige Geschichte um ein Gebäude mit so viel Potenzial. Auch ein Abriss stand immer wieder im Raum, scheiterte aber spätestens als die Stahlkonstruktion unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Lost Place in Hamburg: Das soll hier passieren

Seit einigen Jahren schon gehört das Gelände Mareike Janssen, Geschäftsführerin der Schilleroper Objekt GmbH. Die Eigentümerin ließ die Schilleroper wie viele zuvor verrotten. Eine Anwohner-Initiative setzte sich für den Verkauf an die Stadt ein, allerdings erfolglos.

In den letzten Monaten seit Freilegung des Skeletts ist wie so oft nichts passiert. Von der Schilleroper Objekt GmbH heißt es seit über einem Jahr, das Areal solle endlich wiederbelebt werden. „Wir möchten hier wieder einen Ort zum Wohnen und einen Platz zum Leben schaffen. „

Konkret soll das so aussehen: Unter dem großen Stahlgerüst soll ein Platz entstehen, der von drei Seiten aus zugänglich ist. Eine Art Nachbarschaftstreffpunkt. Weiterhin heißt es:

„Wir schaffen sozialen Wohnraum speziell für ältere Menschen. Junge Menschen wollen wir mit einbinden, um Hilfsbedürftige zu unterstützen. Kleine Wohneinheiten für long term-living und für behindertengerechtes Leben sollen entstehen. Diese sollen durch studentisches Wohnen ergänzt werden.“ Hinzu kämen kleine Läden, ein Restaurant mit Außenbereich, ein Fitnesscenter für intergenerative Aktivitäten und Büros für einen ambulanten Pflegedienst und für ITler und Werbeagenturen.

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Lost Place in Hamburg bleibt ein trauriger Anblick

Auch spannend: Auf der Homepage der Schiller Objekt GmbH heißt es: „Seit nunmehr fast 70 Jahren verfällt das Areal. Völlig ungenutzt. Es soll wieder neu – und sehr vielseitig – belebt werden. Für alle.“ Dabei hatte die jetzige Eigentümerin zum Verfall in den letzten Jahren einiges beigetragen. Fristen zur Sicherung des Denkmals ließ sie immer wieder verstreichen und versuchte, den Denkmalschutz zu kippen.

Wann genau nun tatsächlich was auf dem Areal geschehen wird, ist nach wie vor ungewiss. MOIN.DE fragte nach bei der Schiller Objekt GmbH und bekam eine Antwort von der „MMM Kajen Verwaltungs KG“. Darin heißt es:

„Grundsätzlich gibt es Gespräche mit der Verwaltung über den aktuellen Stand hinaus. Allerdings können wir darüber keine Auskunft geben. Die Anwohner und die Nachbarn im Stadtteil halten wir regelmäßig mit Flyern auf dem neuesten Stand. Zur Zeit gibt es aber keine neuen Informationen.“

Die Pläne für das Projekt Wohnraum für ältere Menschen sollen bei den zuständigen Behörden liegen.

Es sieht wohl so aus, als würde die Schilleroper auch noch länger Hamburgs traurigster Lost Place sein.