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Aldi in Lübeck: Mann bekommt klare Ansage – als er DAS an der Kasse sagt

Aldi in Lübeck: Mann bekommt klare Ansage – als er DAS an der Kasse sagt

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Ein Youtuber beschwert sich in einem Video über die Reaktion einer Kassiererin in einer Aldi-Filiale in Lübeck. Ob er recht hat? (Symbolbild) Foto: imago/Uwe Meinhold

Mit dieser Reaktion einer Kassiererin in einem Aldi in Lübeck hat ein Youtuber wohl nicht gerechnet. Der Mann, der sich „Der Sievi nennt“ und auf der Video-Plattform rund 77.000 Abonnenten hat, ist vor allem wegen seiner HSV-Videos bekannt.

Nach seinem Einkauf in einem Aldi in Lübeck gibt sich „Der Sievi“ völlig entgeistert – und musste sofort einen kleinen Clip über sein Erlebnis drehen. Nach seinem Einkauf sollte der Youtuber an der Kasse eine krumme Summe bezahlen. Dann rutschte ihm etwas raus, was der Kassiererin gar nicht gefiel.

Aldi in Lübeck: Dieser Spruch sorgt für Ärger

„Da werde ich mal endlich ein bisschen Indianergeld los“, sagte der Youtuber zu der Aldi-Kassiererin laut eigenen Angaben. Die verzog daraufhin das Gesicht und teilte ihm mit, dass sie das ganz schön diskriminierend finde.

„Der Sievi“ habe daraufhin erst nicht verstanden, dass er gemeint sei. Auch eine andere Frau in der Schlange habe ihn strafend angeguckt. Das Problem: Der Ausdruck „Indianergeld“. Der war viele Jahre lang im Sprachgebrauch üblich, ungefähr so wie die „Zigeunersoße“ oder das „N-Wort“.

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„Ich sag das, seitdem ich denken kann“, meint der Youtuber. Anscheinend hat er verpasst, dass sich gewisse Personengruppen mittlerweile durch gewisse Bezeichungen, die lange zum Sprachgebrauch gehörten, diskriminiert fühlen und diese deswegen nicht mehr verwendet werden.

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Das ist Lübeck:

  • Flächenmäßig ist Lübeck die größte Stadt Schleswig-Holsteins
  • Das geschlossene Stadtbild wurde 1987 von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt
  • Die Hansestadt zählt 1800 denkmalgeschützte Gebäude
  • Lübeck zählt rund 220.000 Einwohner

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So lehnen die indigenen Völker Amerikas Bezeichnungen, die mit „Indian“ zu tun haben, ab. Sie selbst nannten sich nie so und wollen so auch nicht genannt werden. Es waren stets Fremdbezeichnungen der Kolonialisten, die diese Wörter in die Welt setzten und die indigenen Völker alles andere als gut behandelten, sie teilweise sogar ausrotetten.

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In Hamburg wurden früher unter anderem Angehörige indigener Bevölkerungsgruppen im Tierpark Hagenbeck bei „Völkerschauen“ zur Schau gestellt.

Eine akrobatische Vorführung bei einer „Völkerschau“ in Hagenbecks Tierpark in Hamburg um 1900.
Eine akrobatische Vorführung bei einer „Völkerschau“ in Hagenbecks Tierpark in Hamburg um 1900.
Foto: picture alliance / akg-images | akg-images

Aldi in Lübeck: Ernst gemeint oder nicht?

„Der Sievi“ gibt sich in seinem Aldi-Video bewusst reumütig. So ganz ernst scheint es ihm mit seiner Entschuldigung aber nicht zu sein. So schreibt er:

„Auf diesem Wege möchte ich mich aufrichtig für mein Verhalten und das Verhalten anderer Personen – ,meiner Generation’ – entschuldigen und habe eine kleine Bitte an alle „Weltverbesserer“ da draußen: Bitte verzeiht mir!“.

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Danach wirbt er mehrfach für Verständnis dafür, dass es für ihn als 40-Jährigen und viele seiner Generation nicht so einfach sei, „mal eben alles zu ändern“. „Schraubt eure Erwartungshaltung ein bisschen zurück.“

Der Einkauf eines Youtubers bei einem Aldi in Lübeck sorgte für über 1.400 Kommentare auf Facebook (Symbolfoto).
Der Einkauf eines Youtubers bei einem Aldi in Lübeck sorgte für über 1.400 Kommentare auf Facebook (Symbolfoto).
Foto: IMAGO / Sven Simon

Angesichts dessen, dass es lediglich darum geht, ein paar wenige Begriffe nicht mehr zu verwenden, kommt das ganz schön hochtrabend daher. Sehr vielen anderen Menschen geht es laut Kommentarspalte des Videos aber anscheinend ähnlich wie dem „Sievi“. Dass sich Bevölkerungsgruppen von der Verwendung einiger Begriffe diskriminiert fühlen, wissen die wenigsten – oder ignorieren es bewusst.

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Das ist Aldi:

  • Aldi Nord und Aldi Süd sind zwei separate Unternehmensgruppen in Essen und Mülheim
  • Aldi steht für Albrecht-Discount: 1913 machte sich Karl Albrecht in Essen als Brothändler selbstständig
  • 1962 wurde der Familienbetrieb zu einem reinen Discounter umfunktioniert und hat den heutigen Namen „Aldi“ gekriegt
  • Die Trennung in Nord und Süd erfolgte 1961
  • Mittlerweile zählt Aldi zu den zehn größten Einzelhandelsgruppen weltweit
  • Alle weltweiten Filialen sind den beiden Unternehmen mit Sitz in den Ruhrgebietsstädten zugeordnet

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Aldi in Lübeck: Viele erschreckende Reaktionen

So ufern Kommentare unter dem Beitrag auch ganz klar ins bewusst-rassistische aus. So schreibt eine Person, die erschreckend viel Zuspruch erhält, etwas von „Gästen“, die besser „nach Hause fahren“ sollten. Auch von Menschen, die die Welt verbessern wollen, halten viele nichts. So schreibt ein Mann: „Diese ganzen ,Weltverbesserer‘ sind doch das Dümmste, was da draußen rumläuft.“

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Auch meinen viele besser als die ethnischen Gruppen selbst zu wissen, was nun diskriminierend sei. „Rassistisch ist das in meinen Augen nicht“, meint eine Frau.

„Der Sievi“ beginnt zudem nach seiner Entschuldigung abzudriften und redet davon, dass es bald vielleicht verboten sei, rechts abzubiegen oder das Wort „Führer“ zu verwenden. Von Bevölkerungsgruppen, die sich vom Rechtsabbiegen mit dem Auto oder dem Wort „Führer“ diskriminiert fühlen, ist bislang allerdings nichts bekannt. Seine Sorgen sind also wohl nicht begründet.

Aldi in Lübeck: Kommentar sticht heraus

Im Gegensatz zu den meisten Kommentatoren, für die es laut ihrer eigenen Angaben unschaffbar ist, sich Begriffe wie das „N-Wort“, „Indianer“ und ähnliches abzugewöhnen, meldet sich ein Mann unter dem Aldi-Video zu Wort, für den das gar kein Problem darstellt. Er erhält erschreckend wenig Zustimmung und schreibt:

„Gute, sprachsensible Kassiererin. Wir haben Kleingeld früher als Kinder auch manchmal N****geld genannt. Das habe ich mir abgewöhnt. War gar nicht schwer und richtig. Wo ist das Problem? Ich bin 48 Jahre alt, fordere jedoch kein Gewohnheitsrecht für Rassismus.“

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Nichtsdestotrotz versichert der „Sievi“, bei seinen Äußerungen keinen Hintergedanken gehabt zu haben. Er habe sogar ausländische Freunde und fühlte sich seinerseits durch die sträflichen Blicke der jungen Frau aus der Schlange und der Aldi-Kassiererin diskriminiert, wie er immer wieder betont. Er wolle versuchen, sich Begriffe wie „Schaumkuss“ und Co. anzugewöhnen. So ganz überzeugend klingt das aber auch nicht. (rg)