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Bremen: Innenbehörde will Obdachlose und Trinker loswerden – „So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen“

Bremen: Innenbehörde will Obdachlose und Trinker loswerden – „So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen“

Obdachlos Bremen
Ein obdachloser Mann in Bremen Foto: IMAGO / epd

Zehn Jahre ist es her, da wurde das in den 1920ern erbaute Gebäude im Zentrum von Bremen als Bahnhof des Jahres ausgezeichnet. Noch immer bezeichnen Politiker den Bereich hier gerne als „Visitenkarte“ der Stadt.

Auf dem Vorplatz herrscht tagsüber reges Treiben. Menschen ziehen ihrer Wege, Koffer rollen über die Steine, manchmal stehen kleine Imbissbuden vor den Eingängen. Für viele ist der Bahnhof nicht mehr als eine Haltestelle, einige jedoch suchen hier Kontakt, eine Aufenthaltsmöglichkeit und einen Ort in Bremen, an dem sie sich wahrgenommen fühlen. Doch damit soll bald Schluss sein. Die Innenbehörde der Stadt will rigoros dagegen vorgehen, dass sich Menschen hier grundlos aufhalten.

Bremen: Drogen- und Alkoholkonsum am Hauptbahnhof

Konkret geht es um den Bereich der Haltestellen. Vor dem Bahnhof fahren auf mehreren Gleisen die Straßenbahnen in die Viertel der Stadt. Die überdachten Bereiche mit den Bänken sind ein Treffpunkt für wohnungslose Menschen. Auch die Drogenszene ist hier präsent. Neben Alkohol wird mit unterem auch Härteres konsumiert.

„So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen. Wir alle sehen die extrem negative Entwicklung am Bahnhof: Trinkende und Drogenabhängige belagern ganztägig die Sitzbänke an den Wartestellen der Straßenbahnen und Busse“, erklärt dazu der innenpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion Marco Lübke in einer Pressemitteilung. Das Sicherheitsgefühl der Menschen leide darunter. Man müsse für mehr Ordnung sorgen und gleichzeitig soziale Projekte unterstützen. Der Bahnhof sei eine Visitenkarte Bremens, um die man sich kümmern müsse.

Das sieht auch die Innenbehörde unter Senator Ulrich Mäurer (SPD) so und hat deshalb eine Änderung im Ortsgesetz auf den Weg gebracht. Der Polizei will man es künftig erleichtern gegen eine „Zweckentfremdung“ der Bänke und Wartebereiche vorzugehen. Laut Innenbehörde würden diese mittlerweile kaum noch von Fahrgästen genutzt.

Kritik gibt es seitens der Linken: „Sowas wird es mit uns nicht geben“, twitterte Fraktionschefin Sofia Leonidakis. CDU-Politiker Lübke wiederum kontert: „Die Linke will Trinkgelage am Hauptbahnhof schützen.“

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Das ist Bremen:

  • Die Stadtgemeinde Bremen ist die Hauptstadt des Landes Freie Hansestadt Bremen
  • Zu dem Zwei-Städte-Staat gehört noch die 53 Kilometer nördlich gelegene Stadtgemeinde Bremerhaven
  • Die Stadt Bremen ist die elftgrößte Stadt in Deutschland
  • Sie liegt zu beiden Seiten der Weser, etwa 60 Fluss-Kilometer vor deren Mündung in die Nordsee

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Bremen: „Gemeinsam Platz finden“

Während die Politik streitet, hoffen diejenigen, die sich für Obdachlose und Bedürftige einsetzen, auf andere Maßnahmen. Die Innere Mission Bremen unterstützt Notleidende der Stadt seit vielen Jahren. Sie bieten Unterstützung bei der Suche nach Unterkünften oder medizinischer Versorgung. Sprecherin Katharina Kähler findet klare Worte: „Ein Bahnhof ist ein Ort, der ganz unterschiedliche Menschen anzieht. Sei es Berufspendelnde oder Menschen in besonderen Lebenslagen. Für alle müssen wir Bereiche schaffen, in denen sie sich wohlfühlen und gemeinsam Platz finden“, sagt sie im Gespräch mit MOIN.DE.

„Das bedeutet einerseits, dass man für Situationen, die als belästigend empfunden werden, Klärungen finden muss. Das bedeutet aber auch, dass wir begleitete, akzeptierte Orte finden müssen“, so Kähler.

Die plädiert dafür, dass rund um den Bahnhof Aufenthaltsorte mit verschiedenen Zonen geschaffen werden. „Dass ist nicht mit einer kleinen randständigen Ecke getan, sondern es braucht ausreichende Orte, die auch entsprechend mit Personal ausgestattet sind.“

Bremen: Karger Treff unter der Brücke

Vor drei Jahren hat die Innere Mission einen neuen Treffpunkt am Hauptbahnhof eröffnet. Auf wenigen Quadratmetern, direkt an einer vielbefahrenen Straße sollen bedürftige Menschen in einem umzäunten Areal auf Bänken zusammenkommen. Doch der Platz unter der Brücke, die kaum vor Wind und Wetter schützt, wirkt kalt und kark. „Wir wünschen uns eine Erweiterung mit einer verbesserten Aufenthaltsqualität und Überdachung, sodass Wetterfestigkeit vorhanden ist“, so Kähler.

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Vor allem der Winter ist für wohnungs- und obdachlose Menschen eine besondere Herausforderung. „Gerade durch die Witterungsbedingungen und die Kältegefahr“, so Kähler. Mit verschiedenen Angeboten, wie etwa dem Wärmebus, der ab sofort wieder in der Stadt unterwegs ist, unterstützt die Innere Mission in dieser Zeit Bedürftige.