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Hamburg schmiert beim Impfen ab, der Ausblick ist für viele duster – „Das tut schon weh“

Hamburg schmiert beim Impfen ab, der Ausblick ist für viele duster – „Das tut schon weh“

Corona
Corona im Norden: Das Impfzentrum in Hamburg. Foto: picture alliance / xim.gs

Hamburg ist abgeschmiert. Im bundesweiten Impfquoten-Vergleich des Robert-Koch-Instituts liegt die Stadt nur noch vor den Nachzüglern Brandenburg und Sachsen auf den untersten Plätzen. 43,2 Prozent der Menschen in der Hansestadt haben eine Erstimpfung erhalten, in den meisten anderen Bundesländern sind es deutlich mehr.

Ein Grund: Bürgermeister Peter Tschentscher und Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard monierten kürzlich, Hamburg werde bei der Belieferung benachteiligt, erhalte zu wenig Dosen. 44.500 Stück sollen zu wenig geliefert worden sein.

Hamburg: Impfzentrum wie leergefegt

Diese Woche gab es, wohl auch deswegen, Klagen über ein leergefegtes Impfzentrum. „Ein viel zu ruhiger Nachmittag erwartet mich heute im Impfzentrum bei nur 2.490 Zweitimpfungen und das 3 Tage lang“, schrieb der Leiter der Einrichtung auf Twitter. „Das tut schon weh, wenn wir unsere Kapazität mangels Impfstoff nicht ausreizen können.“

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Eigentlich ist Deutschland kurz vor dem Ziel. 45 Prozent der Bevölkerung sind mittlerweile erstgeimpft und jetzt sollen laut Angaben des Gesundheitsministeriums allein in dieser Woche 8,5 Millionen Impfdosen das Land erreichen, mit denen man zehn Prozent der Bevölkerung impfen könnte.

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Trotzdem scheint das Impfen in Hamburg, zumindest bei den Erstimpfungen, aktuell zur Katastrophe zu werden. Im Bundesländer-Vergleich wurde man nach unten durchgereicht, geklagt wird an allen Ecken und Enden. Die Stadt und das Impfzentrum beschweren sich über zu wenig Impfstoff, die impfwillige Bevölkerung ist genervt von Wartelisten, Terminbuchungen und Vertröstungen. Und auch manchem Hausarzt wird es zu viel Stress.

Hamburg: Betriebsärzte kommen ins Spiel

Denn die stören sich vor allem daran, dass sie aus ihren Kontingenten nun Impfstoff für die Betriebsärzte abstellen müssen. Sprecher Jochen Kriens von der Kassenärztlichen Vereinigung sprach gegenüber MOIN.DE von einem „überflüssigem Problem“ und einem „rein politisch motivierten Einbezug der Betriebsärzte, obwohl für diese kein zusätzlicher Impfstoff zur Verfügung steht.“

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Diese Bekommen ein Kontingent von BioNTech zur Verfügung gestellt. Also dem Stoff, der bei den Hausärzten weggeht wie warme Semmeln, während vor allem bei AstraZeneca gerne mal mehr Erklärungsbedarf oder sogar Überzeugungskraft nötig ist. Viele lehnen den Stoff auch grundsätzlich ab.

Kriens beklagt, dass die Hausärzte „mit derart unsicheren und kurzfristigen Lieferzusagen arbeiten müssen, dass eine vernünftige Planung der Impfungen in den Praxen nicht möglich ist. Es wäre besser gewesen, die Impfung in den Praxen mit mehr Impfstoff auszustatten, als einen neuen Impfweg aufzumachen, der aber auch viel zu wenig Impfstoff erhält. Jetzt hinken beide und keiner kann laufen.“

Hamburg: Viel Konkurrenz um BioNTech-Impfstoff

Können sich mit der Aufhebung der Impfpriorisierung zum 7. Juni manche Angestellte in den Betrieben über eine Impfung freuen, gehen in den Praxen weiter viele Menschen leer aus. Dass die Aufhebung der Priorisierung generell groß etwas ändert, glaubt Kriens nicht.

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„Die Impfpriorisierung war in Arztpraxen nicht so strikt wie in den Impfzentren. Die Impfverordnung hat den Ärzten immer die Möglichkeit gegeben, nach eigener medizinischer Einschätzung die Priorisierung ihrer Patienten vorzunehmen. Die Aufhebung ändert hieran nichts.“

Im Impfzentrum wird die Priorisierung beibehalten. Dort wird sich in den nächsten Wochen hauptsächlich um Zweitimpfungen gekümmert, auf Erstimpfungs-Termine braucht aktuell keiner zu hoffen. Wer also beispielweise keinen Hausarzt oder Arbeitsplatz mit Betriebsarzt hat, muss sich in der Regel noch weiter gedulden.

BioNTech-Impfstoff wird nun zusätzlich noch für 12 bis 18-Jährige zurückgestellt. Der Kampf um die Imfpdosis wird für die 18 bis 59-Jährigen ohne Hausarzt somit nicht einfacher, es herrscht höchste Frust-Gefahr. Hamburg impft zwar fast alles weg, was an (zu wenigem) Impfstoff in der Stadt ankommt, doch nur BioNTech und Moderna liefern zuverlässig.

Hamburg: Hoffen auf „Johnson & Johnson“

Große Hoffnungen bei der deutschen Impfkampagne liegen auf dem Impfstoff „Jannsen“ von „Johnson & Johnson“. Zehn Millionen Dosen sollten bis Ende Juni hierzulande ankommen, was für zehn Millionen vollständige Impfungen reicht. Laut „impfdashboard.de“ ist aber erst rund eine Million angekommen.

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„Nach den Daten des Paul-Ehrlich-Instituts kamen in der vergangenen Woche 13.325 Impfdosen von Janssen in Hamburg zur Verteilung in Arztpraxen an. Das entspricht in etwa der angekündigten Menge. Gebrauchen könnten die Praxen allerdings deutlich größere Mengen, vor allem in Praxen, die in sogenannten ,prekären’ Stadtteilen liegen“, meint Jochen Kriens von der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg.


Laut eines Berichts des „Spiegel“ stecken in den USA 100 Millionen Dosen das Vakzins fest und werden auf mögliche Kontamination untersucht. In einem Werk herrschten keine optimalen Bedingungen. Sollten diese aber alsbald freigegeben werden, könnte das in Europa und damit auch in Hamburg nochmal einen ordentlichen Schub geben.

Hamburg: AstraZeneca weiter mit Problemen

Und auch der Imfpstoff von AstraZeneca spielt weiter eine Rolle. Nur: Der Hersteller ist nach wie vor hochgradig unzuverlässig. In dieser Woche sollen eigentlich 2,5 Millionen Dosen in Deutschland ankommen.

Doch Kriens hat schlechte Nachrichten: „Zunächst einmal ist zu sagen, dass sich die Auslieferung von AstraZeneca in dieser Woche um mindestens vier Tage verzögert. Alle Ärzte, die in diesen Tagen Impftermine mit diesem Impfstoff gemacht hatten, mussten die Patienten umbuchen oder absagen.“

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Zudem seien dem ambulanten System in dieser Woche lediglich 300.000 Impfdosen AstraZeneca zugesagt worden. „Ich nehme an, dass die Differenz in die Impfzentren für die Zweitimpfung geht. Die Ärzte werden nun abwarten, bis der Impfstoff tatsächlich in den Praxen ankommt und erst danach terminieren.“

Erst dann kann es in Hamburg wieder einen Schub für den Impfmotor geben. Sofern die Menschen sich auch mit AstraZeneca impfen lassen. Im Nachbarland Schleswig-Holstein finden Ärzte teilweise keine Abnehmer, Impfdosen stehen vor dem Verfall.

Hamburg: Es wird noch dauern

Ein weiteres Problem mit dem Stoff: AstraZeneca und auch „Johnson und Johnson“ werden für Menschen ab 60 Jahren empfohlen. Also jene Gruppe, die schon zu einem großen Teil geimpft wurde und oftmals lieber auch BioNTech und Moderna zurückgriff.

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Mit der Aufhebung der Impfpriorisierung gehen jetzt die unter 60-Jährigen ins Rennen, für die diese beiden Stoffe eigentlich nicht vorgesehen sind. Sie können aber auf eigenes Risiko und mit ärztlicher Beratung doch damit geimpft werden.

Sicherlich keine Optimallösung, die wiederum mit Mehraufwand verbunden ist. Aber in Zeiten von knappem Impfstoff ist es wohl die einzige Möglichkeit. Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard bat die Hamburger diese Woche wieder einmal mehr um Geduld. Es werde noch eine Weile dauern, bis alle ein Impfangebot bekämen. (rg)