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Ostsee: Küstenorte greifen durch! Sie wollen keine Ferienwohnungen mehr

Ostsee: Küstenorte greifen durch! Sie wollen keine Ferienwohnungen mehr

Ferienwohnungen Ostsee
© picture alliance/dpa | Stefan Sauer

Nordsee vs. Ostsee: Das unterscheidet beide voneinander

Was sind die Unterschiede zwischen Nord- und Ostsee?

Seit Jahren kämpfen die Küstenorte an der Ostsee mit einem Problem, das sich immer weiter zuspitzt: dem Wohnraummange. Einheimische und Beschäftigte finden keine Unterkünfte mehr, weil immer mehr Ferien- und Zweitwohnungen entstehen.

Nun haben erste Urlaubsorte entlang der Ostsee-Küste in Schleswig-Holstein reagiert. Sie begrenzen die Zahl von Ferienwohnungen.

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Ostsee: Neue Bebauungspläne für Küstenregionen

So will die Hansestadt Lübeck für mehrere Baugebiete im Ostseebad Travemünde durch Bebauungspläne ausschließen, dass bestehende Wohnungen in Ferienwohnungen umgewandelt oder neue gebaut werden. Darüber wird in der Hansestadt seit längerem diskutiert. Voraussichtlich im Januar soll nun die Bürgerschaft über die Bebauungspläne entscheiden.

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Das ist die Ostsee:

  • auch Baltisches Meer genannt
  • die Ostsee ist das größte Brackwassermeer der Erde
  • die Fläche beträgt 412.500 Quadratkilometer
  • sie ist bis zu 459 Meter tief

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Auch andere Kommunen wie Heiligenhafen, Scharbeutz oder Timmendorfer Strand (alle im Kreis Ostholstein) begrenzen die Zahl der Ferienwohnungen. Hintergrund ist, dass es für Einheimische in vielen Tourismusorten immer schwieriger wird, bezahlbare Wohnungen zu finden. Die vorhandenen Ferienwohnungen sollten nicht verdrängt werden, aber das Verhältnis zwischen Dauer- und Ferienwohnungen müsse stimmen, sagte die Bürgermeisterin von Scharbeutz, Bettina Schäfer.

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„Wir haben aktuell rund 5000 Zweit- und Nebenwohnungen in der Gemeinde“, sagte die Bürgermeisterin der Gemeinde mit rund 11.000 Einwohnern. „Aber wir benötigen dringend bezahlbaren Wohnraum für unsere Bürgerinnen und Bürger.“ Deshalb würden gerade alle Bauleitpläne dahingehend geprüft, wo reines Wohnen sinnvoll sei, wo es eine gesunde Mischung geben solle und wo Sondergebiete für Tourismus ausgewiesen werden könnten, sagte Schäfer. „Wir alle wollen miteinander, nicht gegeneinander leben“, sagte sie.

Martin Scheel von der Gemeinde Timmendorfer Strand sieht das ähnlich. „In den vergangenen Jahren ist entlang der Ostseeküste geradezu ein Boom an Ferienwohnungsvermietungen entstanden. Dadurch wird es für die einheimische Bevölkerung zunehmend schwierig, bezahlbaren Dauerwohnraum zu finden“, sagte er. „Wir arbeiten deshalb an einem Konzept für eine ausgewogene Mischung von Ferienwohnungen und Dauerwohnungen.“

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10 Tipps für Urlaub an der Ostsee:

  • Rügen
  • Bornholm
  • Usedom
  • Hiddensee
  • Fischland-Darß-Zingst
  • Poel
  • Heiligendamm
  • Timmendorfer Strand
  • Fehmarn
  • Hohwachter Bucht

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Danach sollen Ferienwohnungen vorrangig auf die strandnahen Bereiche konzentriert werden, in entfernteren Ortslagen soll dagegen das Dauerwohnen vorherrschen. „Die dort vereinzelt bestehenden Ferienwohnungen sollen aber bestehen bleiben.“

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Auch andere Orte an der Ostseeküste wollen einen Wildwuchs bei den Ferienwohnungen durch Bauleitpläne begrenzen und erhalten dafür in den sozialen Medien viel Zuspruch. Negatives Beispiel ist für viele die Nordseeinsel Sylt, wo Beschäftigte seit Jahren zum Pendeln aufs Festland gezwungen sind, weil sie auf der Insel keine bezahlbare Wohnung finden.

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Das wolle man für Fehmarn unbedingt vermeiden, sagte ein Sprecher der Gemeinde Fehmarn, die mit 16.000 Betten in der touristischen Vermarktung zu den bettenstärksten nach Sylt (mehr als 40.000 Betten) und Grömitz (20.000 Betten) zählt.

Ostsee: Ablehnung der Anwohner wächst

Beim Umgang mit Ferienwohnungen stecken Gemeinden oft in einer Zwickmühle. Einerseits sind Ferienhäuser und -wohnungen gerade bei Gästen sehr beliebt. „Im Jahr 2020 wurden rund 2,13 Millionen Urlaubsreisen von mindestens fünf Tagen in Ferienhäuser und Ferienwohnungen in Schleswig-Holstein unternommen“, sagt Bente Grimm vom Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT). Außerdem ist die Vermietung von Ferienwohnungen für die Kommunen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. „Bei allen Problemen ist der Tourismus für viele Gemeinden die einzige Einnahmequelle“, sagte Grimm.

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Andererseits scheint die Ablehnung des Tourismus bei vielen Bewohnern zu wachsen. Bürger beklagen die Belastung durch Lärm, Müll und den zunehmenden Verkehr. „Das ist ein vielschichtiges Thema“, sagte Grimm. „Auch Menschen, die mit dem Tourismus ihren Lebensunterhalt verdienen, fühlen sich durch bestimmte Aspekte, wie zum Beispiel die Verkehrsbelastung, gestört“, sagte sie.

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Für die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Schleswig-Holstein, Catrin Homp, ist die Akzeptanz des Tourismus vor Ort entscheidend für den Erfolg. „Orte und Regionen stehen vor der Herausforderung, ihre touristischen Entwicklungskonzepte in Einklang mit den Wünschen und Anforderungen der einheimischen Bevölkerung zu entwickeln“, sagte Homp. (dpa/mik)