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Hamburg: Obdachlose suchen Schutz vor Kälte – doch hier werden sie ausgesperrt! „Fatales Signal“

Hamburg: Obdachlose suchen Schutz vor Kälte – doch hier werden sie ausgesperrt! „Fatales Signal“

St Pauli Obdachlosigkeit Hamburg
Vor einer Schule im Hamburger Stadtteil St. Pauli haben obdachlose Menschen bis vor Kurzem Unterschlupf gefunden (Symbolbild). Foto: IMAGO / Joerg Boethling

Auf dem Schulgelände eines Gymnasiums im Stadtteil Hamburg-St. Pauli fanden obdachlose Menschen mehr als zehn Jahre Zuflucht – nun soll sie ein eiserner Zaun fernhalten. Der Schulleiter sieht sich zu der Entscheidung gezwungen, das Viertel ist in Aufruhr.

Erst am vergangenen Wochenende zerstörten Anwohner Teile des Zauns, im Viertel und den sozialen Medien entbrannten heftige Debatten. Hamburg ist am Limit, die Schule will helfen – doch die Probleme liegen tiefer.

Hamburg: Ein Projekt, das polarisiert

Doch von Anfang an: Im Winter ist die Suche nach einem Schlafplatz für wohnungslose Menschen besonders heikel. Wirklicher Schutz vor Eis und Kälte bieten oft nur überdachte Plätze.

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Auf dem Gelände des Struensee Gymnasiums in der Wohlwillstraße im Stadtteil St. Pauli wurden einige Menschen, die auf der Straße leben, fündig. Unter einem Vorsprung des Gebäudes gewährte ihnen Schulleiter Frank Berend Unterschlupf.

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Daten und Fakten über Hamburg:

  • Hamburg ist als Stadtstaat ein Land der Bundesrepublik Deutschland.
  • Hamburg ist mit rund 1,9 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Deutschlands und die drittgrößte im deutschen Sprachraum.
  • Das Stadtgebiet ist in sieben Bezirke und 104 Stadtteile gegliedert, darunter mit dem Stadtteil Neuwerk eine in der Nordsee gelegene Inselgruppe.
  • Der Hamburger Hafen zählt zu den größten Umschlaghäfen weltweit.
  • Die Speicherstadt und das benachbarte Kontorhausviertel sind seit 2015 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes
  • International bekannt sind auch das Vergnügungsviertel St. Pauli mit der Reeperbahn sowie das 2017 eröffnete Konzerthaus Elbphilharmonie.

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Hamburg: Angst und Elend auf St. Pauli

„Die Menschen, die am unteren Rand der Gesellschaft stehen, müssen stärker geschützt werden“, sagt Berend dazu im Gespräch mit MOIN.DE. Doch die Situation eskalierte. Der Hausmeister der Schule wurde angegriffen, Heroin und andere harte Drogen wurden offen konsumiert, erzählt der Schulleiter.

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Crack, ein Rauschmittel, das in Teilen aus Kokain gewonnen wird, wurde sogar vor Ort hergestellt – vor den Augen von Schülern und Anwohnern.

Er habe trotzdem immer nach Wegen gesucht, den Menschen, die ohne Wohnung sind, zu helfen. Den Zaun ließ er nun in letzter Konsequenz errichten.

„Das ist natürlich ein fatales Signal“, sagt Berend gegenüber MOIN.DE, doch in einem Elternbrief bezieht er klar Stellung. „Nicht tolerierbar“ sei die aktuelle Situation. Neben dem Drogenkonsum sei der Eingangsbereich regelmäßig voller Urin gewesen, insbesondere jüngere Schüler gingen nur unter Angst an den campierenden Obdachlosen vorbei.

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Auch wenn er selbst dafür plädiert habe, den Obdachlosen im Viertel Hilfe anzubieten, so stünden die Schüler in seiner Funktion als Schulleiter an erster Stelle. „Die Fünftklässer, die sind zum Teil gerade zehn Jahre alt, die sind schutzbedürftig, das geht nicht“, stellt er klar.

Hamburg: Harte Drogen und Faustschläge

Doch die schwierige Situation machte im Viertel schnell die Runde. Zuletzt kam es zu der Zerstörung des Zauns, hinter dem zukünftig Fahrradständer aufgestellt werden sollen. Dass diese noch nicht geliefert wurden, da es Verzögerungen beim Lieferanten gebe, feuere den Unmut einiger Anwohner zusätzlich an, vermutet Berend.

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In sozialen Medien wie Instagram kochten die Emotionen ebenfalls schnell hoch, Kritik am Vorgehen wurde laut. „Die Reaktionen auf Instagram waren aus meine Sicht recht eindimensional. Zuletzt wurde es dann aber sachlicher“, stellt der bemühte Schulleiter fest.

Doch Frank Berend hält die Möglichkeiten der Schule, den Menschen vor Ort zu helfen, vorerst für ausgeschöpft. „Die Entscheidung habe ich als Schulleiter getroffen, und die ist richtig“, sagt er.

Bis der Zaun errichtet wurde, habe die Schule immer wieder „Wege gesucht“ zu unterstützen, unter Einhaltung einiger Regeln. So baten er und sein Stellvertreter jeden Morgen vor Schulbeginn die schlafenden Menschen auf dem Gelände darum, sich einen anderen Platz zu suchen. Die Polizei alarmierte die Schule nur, wenn illegale Drogen konsumiert wurden.

Hamburg: Das Projekt ist am Ende

Nachdem der Hausmeister im letzten Winter einige der Wohnungslosen ansprach und nach einem Faustschlag im Krankenhaus landete, war das Projekt für Berend gescheitert.

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Das Problem sei allerdings an der Wurzel zu packen. Das „Problem geht weit über die Dimensionen der Stadt hinaus“, wagt Berend zum Schluss einen Ausblick, dieses mal nicht in seiner Funktion als Leiter des Struensee Gymnasiums, sondern als Privatmann.

Frank Berend sieht die Stadt Hamburg zum Handeln gezwungen

Die Stadt Hamburg sei in seinen Augen zwar sehr bemüht, obdachlosen Menschen zu helfen, doch gerade während der Corona-Pandemie habe sich die Situation von Wohnungslosen und einkommensschwachen Menschen drastisch verschärft. Da helfe auch die Verschiebung des Problems nichts. Man merkt, wie gerne Frank Berend helfen möchte.

Einen vielversprechenden Ansatz biete das „Housing First“, wie Berend mehrfach betont. Das Konzept stammt aus den USA und sieht vor, dass obdachlose Menschen vor allen anderen Betreuungsangeboten zuerst eine Wohnung erhalten.

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Ein vielversprechender Ansatz, der in der Stadt Hamburg hoffentlich nicht nur theoretisch vermittelt wird – doch das Struensee Gymnasium auf Hamburg-St. Pauli hat sicher schon bald neue Ideen. (wip)